Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Ein staunenswertes Ereignis

BDA-Montagsgespräch zur Planung der DITIB-Zentralmoschee

Bereits zum zweiten Mal lud der BDA Köln zur Diskussion architektonischer Aspekte der vom Architekturbüro Böhm geplanten DITIB-Zentralmoschee ein. Der einführenden Erläuterung Paul Böhms, in der er die wesentlichen Änderungen des aktuellen Entwurfs gegenüber dem Wettbewerbsbeitrag skizzierte, folgte die von Jürgen Keimer souverän moderierte Diskussion. Auf dem Podium fanden sich neben dem Architekten Sinan Celik und Hassan Schmiede als Vertreter der DITIB, Max Bächer als Vertreter der Wettbewerbsjury sowie der stellvertretende Chefredakteur des Kölner Stadt-Anzeigers (KStA), Joachim Frank, ein.

Dass dieser Entwurf auf ein großes öffentliches Interesse stößt, zeigte nicht zuletzt das übervolle Kap-Forum, in dem glücklich sein konnte, wer während des zweistündigen Gesprächs nicht stehen musste.

Fünf Kriterien

Als wesentliche Initiation der planerischen Überarbeitung des Entwurfs bezeichnete Celik einen seitens der DITIB vorgelegten Kriterienkatalog, der auf Basis des erstplazierten Wettbewerbsentwurfs erarbeitet wurde: Hierin stellte der Bauherr Diskussionsbedarf in punkto Grundrissabmessung, Dachaufsicht, Fensterflächen, Konstruktion und „traditioneller Randbedingungen“ fest. In einem teils „anstrengenden“ Prozess sei der Entwurf hinsichtlich dieser Kriterien überarbeitet worden.

So umfasste der letzte Punkt beispielsweise das Problem der „Verstellung“ des Gebetsraums durch Stützen, die eine freie Sicht auf die Kanzel verwehrten. Dies wurde mit der Überarbeitung und Öffnung des zentralen Raumes innerhalb der Kuppel nun behoben. Die vollständige Überbauung des Grundstücks und die Ansiedlung eines Basars mit etwa 25 Ladenlokalen im Erdgeschoss stelle hingegen keine Änderung des ursprünglichen Konzepts dar und sei lediglich „verfeinert“ worden. Auf den im Oberen angesprochenen „anstrengenden Prozess“ befragt, gab Böhm zu bedenken, dass „reibungslosere Projekte am Ende nicht unbedingt die besseren“ geworden seien.

Ausdruck und Zeichen

Bächer nahm sich der Diskussion um die Höhe der Moschee respektive ihrer Kuppel und Minarette an, die an diesem Abend immer wieder zum Reibungspunkt wurde: Städtebaulich verböte gerade der gewählte Standort eine weitere Höhenreduzierung. Der in den Perspektiven nur angeschnittene Fernsehturm Colonius und benachbarte Hochhäuser etablierten dort Höhenmarken, die jede weitere Diskussion um eine Verkleinerung ad absurdum führten. Es gehe zudem weniger um eine Frage der Höhe, als vielmehr um die symbolische Bedeutung, die Zeichenhaftigkeit von Kuppel und Minaretten.

Er lobte Paul Böhm als Mitglied einer Familie, die eines besonders beherrschte: „den Umgang mit Licht und Raum“. Böhm habe mit der Überarbeitung des Entwurfs, beispielsweise durch Weiterführung der Kuppelschalen auf die Ebene des zentralen Platzes, einen „positiven Entwicklungsprozess“ eingeleitet. Der aktuelle Streit um die Moschee sei indes notwendig, da er das Gebäude schließlich zu einem „staunenswerten Ereignis“, einer Neuheit im mitteleuropäischen Sakralbau machen könne: Gerade in der Kombination von modernen Elementen und Zitaten tradierter muslimischer Architektur entstehe etwas Neues, das sowohl die architektonische als auch die gesellschaftspolitische Debatte beeinflussen könne. „Ja, Minarett und Kuppel sind notwendig. Und: nein, die Moschee dürfte kein bisschen kleiner sein, sonst würde sie nämlich putzig.“

Stimmen der Demokratie

Die Frage der Höhe hatte in der jüngst erfolgten Umfrage des KStA, so Frank, auch als Chiffre für Vorbehalte fungiert: Er sah in dieser Umfrage, in der sich letztlich rund zwei Drittel der Befragten insgesamt für den Bau der Moschee aussprachen, auch die Gefahr, „Elemente der Gesellschaft zu bedienen, die man nicht bedienen will.“ Im Klartext sollte also das Umfrageergebnis nicht zur Referenz rechter Stimmen werden, die sich in einem möglicherweise negativen Votum bestätigt sähen. Man habe nicht zuletzt versucht, die sogenannte Mitte der Gesellschaft zu erreichen und so die Debatte auf einer breiten Basis zu gründen.

Frank vertrat an diesem Abend vehement den Standpunkt, dass es in einer demokratischen Gesellschaft zulässig sein müsse, Zweifel zu formulieren, Bedenken zu äußern und Kritik zu üben – und stieß damit scheinbar bei Teilen der Zuhörerschaft auf taube Ohren, die Kritik an der Moschee pauschal als konservativ oder gar „rechts“ verstanden.

Als Voraussetzung für die Möglichkeit einer solchen Diskussion um Moscheenbau sah Frank den veränderten Umgang mit Migration: Gerade die CDU habe in der Vergangenheit betont, Deutschland sei kein Einwanderungsland. Der Terminus „Gastarbeiter“ zeuge von der damaligen Politik, die nun einer Revision unterzogen werde – der anwesende OB Fritz Schramma bezog dazu keine Stellung. Auch Celik betonte, dass er es als Enkel der ersten Einwanderergeneration gar nicht in Erwägung zöge, in der Türkei zu leben, sondern sich als Teil der deutschen Gesellschaft verstehe und selbstverständlich bleibe.

Wir sind angekommen

Dieser Teil der Gesellschaft verlange nun auch nach baulicher Repräsentation. Keimer verwies auf die Geschichte, um die Augen für die Gegenwart zu öffnen: Die derzeitige Diskussion erinnere ihn an die um den Bau von Synagogen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die jüdischen Gemeinden wollten damals lediglich sich und ihrer Umwelt zeigen: „Wir sind angekommen.“ So verstand auch Schmiede vor allem die politisch gefärbte Diskussion nur bedingt, denn es ginge ebenso mit dem Bau der Moschee nicht um eine Okkupation, sondern vielmehr um den Ausdruck der religiösen Überzeugung einer Gemeinde, die in Köln heimisch sei.

Ob dieses Symbol nun gebaut werden kann, wird in naher Zukunft das Bauamt entscheiden. Der Bauantrag könne bald eingereicht werden, so der Architekt, und auf die Frage, was in einem Jahr sein werde, antwortete er zuversichtlich: „Dann sind die Bagger weg und wir sind ein gutes Stück aus dem Boden.“

Rainer Schützeichel

Lesen Sie auch zum Thema:

Symbolwerdung

Wer baut der bleibt

Diskussionsfreudiges Podium im übervollem KAP-Forum

Foto: Helga Müller

Paul Böhm erläutert den überarbeiteten Entwurf zur DITIB-Zentralmoschee

Foto: Helga Müller

Ausgerechnet in der Nachbarschaft von Colonius und hohen Verwaltungsbauten wird die Frage nach der Höhe zum Politikum

Grafik: Architekturbüro Böhm