Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Tauziehen zwischen Bewahrern und Erneuerern

Bürger diskutieren das „Höhen- konzept für die linksrheinische Innenstadt“ –wird jetzt alles anders?

Der Stadtentwicklungsausschuss der Stadt Köln hat die Verwaltung beauftragt, für die linksrheinische Innenstadt ein Höhenkonzept zu erarbeiten. Es sollen Vorgaben für die zukünftige bauliche Entwicklung definiert werden, die aber gleichzeitig das historische Erbe der Stadt berücksichtigen.

Seit Januar 2006 liegt sie nun vor, die vorläufig letzte Version des „Höhenkonzeptes für die linksrheinische Kölner Innenstadt“. Was seither geleistet wurde, ist eine eingehende Bestandaufnahme der Innenstadt nach Höhen, Quartieren, Bautypen, Nutzungen und Wirkungsfeldern der stadtbildprägenden Baudenkmäler, allen voran natürlich des Domes und der romanischen Kirchen.

Eine erste Höhendefinition

Die aktuelle Vorlage geht von vier Höhenzonen aus: 15 m, 20 m, 22,50 m (angelehnt an die Traufhöhe der Hauptschiffe der romanischen Kirchen und die historische Ringbebauung). Eine Höhe bis maximal 35 Meter hält man entlang der Nord-Süd-Fahrt in der heterogenen Geschäftsstadt für verträglich – sofern das Grundstück nicht im Wirkungsfeld einer Kirche oder eines Denkmals liegt. An den Ringstraßen, genauer an den Kreuzungspunkten der großen Radialen, sind sogar Bauhöhen bis zu 60 Meter zulässig. Die Genehmigung, die 22,50 Meter zu überschreiten, soll in jedem Fall an die Einhaltung bestimmter Qualitätskriterien gekoppelt werden.

Um das Konzept zu verfeinern und zu verbessern hatte die Stadt im Vorfeld in einer Fachveranstaltung am 15. Mai 2006 fachlich qualifizierte Vertreter der Kölner Stadtgesellschaft, Architekten und Vertreter von Verbänden, Vereinen und Initiativen zu einem Expertengespräch eingeladen. Anregungen des Gestaltungsbeirates, der Leitbildgruppe und des Fördervereins Romanischer Kirchen dienten als Anhaltspunkte für die Diskussionen in Arbeitsgruppen.

Der Schritt in die Öffentlichkeit

Das Konzept und das Ergebnis dieser Diskussion wurde nun in drei Informationsveranstaltungen den Bürgerinnen und Bürgern, differenziert nach Teilräumen der Innenstadt, vorgestellt.

Das Spektrum der Einwände und Vorschläge reichte von den Vertretern der moderateren Fraktion, die sich Einzelfallentscheidungen vorstellen können, bis hin zu denen die wie Franz-Peter Obst fordern: „Es darf keine Ausnahmen geben für sogenannte Solitäre. Bereits jetzt stehen überall Hochhäuser dem Blick auf den Dom im Weg.“

Neben dem Dom werden die Romanischen Kirchen als besonders identitätsstiftend und schützenswert angesehen. Eine strikte Höhe müsse für die ganze Stadt festgelegt werden. Mit dem Vorschlag, die maximale Bauhöhe in der Innenstadt einheitlich auf 22,50 Meter zu beschränken, präsentierte sich Altbürgermeister Dr. Burger: „Köln würde eine neue Renaissance erleben, wenn das eine Prozent des Stadtgebietes, nämlich die Innenstadt innerhalb der Ringe, mit 22,50 m Höhe begrenzt wird.“

Argumente der Befürworter: Entwicklung und Wirtschaftlichkeit

Aber auch Befürworter für eine moderate Höhenentwicklung gab es. Andreas Henseler: „Die öffentliche Debatte ist geprägt durch die Forderung, im Innenstadtraum eine Deckelung von 22,50 m festzulegen. Die Innenstadt kann aber nicht in Verhältnisse zurückgeführt werden wie in Rothenburg ob der Tauber. Köln ist eine Großstadt. Das Höhenkonzept ist sehr differenziert und ausgewogen. Außerhalb der Wirkungskreise der erhaltenswerten Qualitäten müssen Flächen höherer Bebauung möglich sein. Die wirtschaftliche Dynamik muss eine Rolle spielen.“

Die Einwände und Anregungen der Bürger waren vielschichtig, so ging es in den Gesprächen nicht nur um Gebäudehöhen, sondern auch um die bessere Lesbarkeit und Farbgestaltung der Pläne um Fragen nach den juristischen Möglichkeit der Verwaltung: zum Beispiel welchen rechtlichen Bestandsschutz das Höhenkonzept in einer juristischen Auseinandersetzung mit einem möglichen Investor hat? Aber auch Fragen des Emissionsschutzes und der Luftzirkulation durch eine höhere Bebauung wurden diskutiert.

Und noch ein sensibler Bereich

Besonders kritisch sahen die Bürger den Bereich um die Oper und die Nordsüdfahrt. Altbürgermeister Dr. Norbert Burger, fragte nach der Vision, die man von dem 2000 Jahre alten Köln habe. „Im Kern der Stadt hat man noch mittelalterliche Dimensionen. Es gibt bereits Gebäude von 35 m Höhe und mehr, aber das sind Sünden der Vergangenheit.“ Hier geht Martin Hennes sogar noch weiter, er fragt sich ob die bestehenden Bausünden nicht sogar „abgestock“ werden könnten. „Größenordnungen von 35 m sind keine Wolkenkratzer“, entgegnet hier Andreas Henseler: „Bausünden der Vergangenheit dürfen nicht als Argument gegen mögliche Neubauten angeführt werden, bei denen Bauästhetik möglich ist.“

Ein guter Einwand, denn wäre besagte „Deckelung“ bereits rechtsverbindlich, würde es Gebäude wie Renzo Pianos Weltstadthaus, das der Antoniterkirche durchaus Respekt zollt – obwohl es deutlich höher ist, oder auch das nun bald fertiggestellte Museum Kolumba nicht geben. Zwei Beispiele, die zeigen, dass nicht die Höhe, sondern die städtebauliche Qualität entscheidend ist.

Die Lösung: Deckel drauf

Visionen fordert auch Dr. Werner Peter, Mitglied des Aktionsbündnisses Stadtbaukultur. „Die Nord-Süd-Fahrt kann als Schneise bezeichnet werden. Sie sollte weniger sichtbar gemacht werden, wird aber nun durch die mögliche höhere Bebauung noch betont. Man darf sich nicht an den tatsächlichen Gegebenheiten orientieren, sondern es muss eine Vision entwickelt werden, wie die Stadt in 30 bis 50 Jahren aussehen könnte.“

Weiter fordert Burger: „Die Nord-Süd-Fahrt müsste unter die Erde, stattdessen wird ein Wall aufgebaut, weil man an der Nord-Süd-Fahrt keine Qualitäten schützen muss.“ Dem stimmt auch Karlheinz Eilert zu „die Nord-Süd-Fahrt ist eine Sünde der Vergangenheit und sollte nicht durch das Höhenkonzept manifestiert werden.“ Burgers Vorstellung der City im 21. Jahrhunderts liegt im Rechtrheinischen.

Auf dem Weg zum Masterplan

Ob das Köln des 21. Jahrhunderts mutig in die Zukunft weist und neue Wege geht, oder ob es seine Stärke aus der Geschichte bezieht und die Pflege von Vorhandenem als wesentlichen Kulturauftrag begreift. Ob man diese besser durch ein verbindliches Höhenkonzept erreicht oder durch eine Kette von Einzelfallentscheidungen, das waren die eigentlichen Fragen. Vieles bot der Stadt Anregungen für die künftige Arbeit. Das Stadtplanungsamt wird nun, die erarbeiteten Meinungen des Expertengremiums und alle Diskussionsbeiträge der Bürgerinformationsveranstaltungen in das Konzept einarbeiten. Zum Ende des Jahres soll es dann dem Rat der Stadt zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

Alle Bürgerfragen und die Antworten von Stadtplanungsamtleiterin Anne-Luise Müller und dem Dezernenten für Stadtentwicklung Bernd Streitberger finden sie im angehängten Dokument (PDF- Format).

Barbara Schlei
Redaktion

1 Kommentar

Herr Dr. Burger spricht ständig davon rechtsrh. die City „Köln im 21. Jh.“ zu entwickeln, wie denn? Auf dem Weg zum Masterpl. heißt in Köln, vorwärts, wir müssen zurück in die Vergangenheit.