Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Schweineöhrchen für die Stadt

„Stadtraum ist die Dimension zwischen Stadt-Boden und Stadt-Himmel“, so das Motto eines Workshops, dessen Ergebnisse beim BDA Montagsgespräch vorgestellt wurden.

Das Höhenkonzept für die linksrheinische Innenstadt wird zurzeit heiß diskutiert, von Fachleuten, von Bürgern und natürlich von Politikern. Größter Streitpunkt ist der „rote Restbereich“, der mit einer Höhe bis zu 35 Metern entlang der Nord-Süd-Fahrt ausgewiesen ist. Wie die Zukunft dieser Achse aussehen und wie das Höhenkonzept modifiziert werden kann, damit diese Zukunft besser ist, als die Gegenwart, wurde beim BDA Montagsgespräch am 23. Oktober diskutiert.

Flaniermeile Nord-Süd-Straße

Es begann mit einem Blick in die Vergangenheit der von Rudolf Schwarz geplanten Nord-Süd-Straße, eine behutsam, entlang der ursprünglichen Nord-Süd-Verbindung, geführte Straße, die zum Flanieren einladen sollte. Erst die autofreundliche Verkehrsplanung der 60er und 70er Jahre machte daraus eine Schneise quer durch die Stadt.

Eine Bestandsaufnahme macht klar, wo die Probleme dieser Schneise liegen: Nur für Autos geplant, weder für öffentlichen Nahverkehr noch für Fußgänger oder Radfahrer sind hier Räume vorgesehen, Querstraßen und Häuserzeilen wurden rigoros durchtrennt – die Innenstadt wird durch sie in zwei Teile zerschnitten.

Ausgehend von dieser Bestandsaufnahme hat eine Gruppe Studenten verschiedener Hochschulen bei einem Workshop auf der plan06 Ideen für die Neugestaltung der Nord-Süd-Fahrt entwickelt. Anders als im Höhenkonzept werden die Teilbereiche der Straße hier individuell betrachtet und Lösungen gesucht, die dem jeweiligen Stadtraum entsprechen.

Visionen für die Schneise

So können sich die Studenten im nördlichen Bereich zwischen Ursulastraße und WDR Archivhaus durchaus eine Verdichtung vorstellen. Hier könnten die Wege für den Autoverkehr auch überdeckelt werden, wobei die Straße nicht tiefer gelegt, sondern eine zweite Ebene für Fußgänger geschaffen werden soll. Ganz anders das Opernquartier, statt einer Verdichtung soll dieser Bereich aufgelockert und eine stärkere Verflechtung von Kultur und Kommerz geschaffen werden. Der Abriss einiger Geschäftshäuser an der Schildergasse könnte eine Öffnung zum neu zu bauenden Schauspielhaus und zur bestehenden Oper garantieren und so mehr Publikumsverkehr schaffen. Im südlich an die Schildergasse anschließenden Bereich wird weniger die Qualität der Nord-Süd-Fahrt gesucht, als die der parallel verlaufenden Quartiersstraßen. Sie sollten zukünftig dem Fußgängerverkehr dienen. Am Kreuzungspunkt der Nord-Süd-Fahrt zu den Bächen kann sich die Projektgruppe eine Betonung durch hohe Gebäude vorstellen. Besonders schwierig ist die Planung für das Gebiet um die Zufahrt zur Severinsbrücke. Hier schlagen die Studenten vor, ein Gebäude in die Verkehrsbebauung einzufügen, das sich schleifenförmig über ein großes Areal erstreckt.

Schweineöhrchen und Architekturqualität

„Die Schweineöhrchen für die Severinsbrücke – das fänd‘ ich ’nen Knaller“, begeisterte sich in der folgenden Podiumsdiskussion dann auch Andreas Hupke (Bündnis 90 / Die Grünen), Bezirksvorsteher der Innenstadt, für den Vorschlag der Studenten. Insgesamt aber plädierte Hupke für den Rückbau der Nord-Süd-Fahrt, die Stadt müsse zum Wohnen attraktiver werden und das Auto sei ohnehin auf dem Rückzug, begründete er seine Forderung.

Auch Barbara Moritz (Bündnis 90 / Die Grünen), 2. stellvertretende Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses betonte, dass die Nord-Süd-Fahrt nicht maßstabsgerecht sei. Mit Bäumen und breiteren Bürgersteigen könne man die Straße leicht dem Stadtmaßstab anpassen und auch für Fußgänger attraktiver gestalten. Die Höhen aber müssten differenzierter betrachtet werden, als das in dem bisherigen Höhenkonzept der Fall ist. Die Höhe sei auch eine Frage der Nutzung, „eine beliebige Feld-, Wald- und Wiesennutzung sollte sich nicht so hohe Gebäude rauspicken können, ein Schauspielhaus oder Museum schon.“

Für eine differenziertere Betrachtung der Gebäudehöhen setzte sich auch Eva Bürgermeister (SPD), 1. stellvertretende Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses, ein. „Wir dürfen keine Punkte schaffen, an denen sich diese Schneise zementiert“, betonte sie, damit die Nord-Süd-Fahrt nicht zum „Gerüst der Stadt“ wird. Hohe Gebäude könnten nur dann genehmigt werden, wenn sie auch für eine hohe architektonische Qualität stehen.

Festsetzungen oder Ausnahmen

Ralph Sterck (FDP), Mitglied des Stadtentwicklungsausschusses, plädierte dafür, im Höhenkonzept einzelne Entwicklungsstandpunkte zu benennen, an denen Gebäude über 22,50 Meter erlaubt werden sollten. Als Beispiel führte er das ehemalige Polizeipräsidium an, das „unanständig nah an St. Georg steht“. Das Hochhaus sollte abgetragen werden – an anderen Stellen sollten aber Hochpunkte gesetzt werden, um Investoren anzulocken. „Wenn wir bei 22,50 Metern bleiben, werden wir keine Entwicklung bekommen, dann sitzen wir in zehn Jahren wieder hier“, prognostizierte er.

Karl-Jürgen Klipper (CDU), Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses, hingegen betonte, dass das Diözesanmuseum und das Weltstadthaus nur entstehen konnten, weil hier die Planungen individuell betrachtet und Ausnahmen gemacht wurden. Bei höheren Gebäuden müsse architektonische Qualität über Wettbewerbe gesichert werden, sie sollten aber möglich sein. „Wir müssen verhindern, dass Arbeitsplätze aufgrund mangelnder Entwicklungsmöglichkeiten aus der Stadt abwandern“, sagte er. Außerdem plädierte er auch für eine radikale Lösung für den kritischen Bereich zwischen Schildergasse und WDR Archivhaus: Nur eine Tieferlegung könnte die beiden Stadtbereiche hier wieder verbinden. Nach anfänglicher Zustimmung im Publikum kam hier jedoch sogleich der Einwand, dass die Zu- und Abfahrten in den Seitenstraßen noch mehr unattraktive Bereiche schaffen würden.

Einigkeit überwiegt

Insgesamt, so betonte Moderator Andreas Fritzen zum Ende des Montagsgespräches, sei der Prozess zur Entwicklung des Höhenkonzeptes sehr angenehm, da alle Entscheidungen mitverfolgt und auch beeinflusst werden können. Einigkeit herrschte vor allem darüber, dass es kein Ziel sein sollte, unbedingt bis 35 Meter Höhe zu bauen, dass es aber durchaus möglich sein sollte. Ganz wichtig seien aber die Sicherung der architektonischen Qualität und die Abgrenzung der Gebiete, in denen höher gebaut werden darf. Nachdem das Höhenkonzept nun schon so weit fortgeschritten ist, sicher eine lösbare Aufgabe.

Das Modell mit den Planungsideen der Studenten wird vom 13. bis 25. Februar 2007 im Spanischen Bau zu sehen sein.

Vera Lisakowski

->Nicht so hoch hinaus

->Ein Höhenkonzept für die linksrheinische Innenstadt

Kölner Spitzen

Höhenkonzept-City

Das Höhenkonzept für die linksrheinische Innenstadt

hoehen wdr modell

Die Überdeckelung des Bereiches zwischen Ursulastraße und WDR Archivhaus im Modell.

Bild: Thomas Knüvener

hoehen oper

Das neue Schauspielhaus soll sich bis an die Schildergasse erstrecken.

Quelle: Andreas Fritzen

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Zwischen dem Weltstadthaus und den Bächen sollen die parallel zur Nord-Süd-Fahrt verlaufenden Quartiersstraßen betont werden.

Quelle: Andreas Fritzen

hoehen severin

Das schleifenförmige Gebäude über der Zufahrt zur Severinsbrücke.

Quelle: Andreas Fritzen