Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Auf der Suche nach dem Deutz von morgen

Das KAP-Forum lud am 1. Juni zu einer Podiumsdiskussion über die ‚Zukunft des Rechtsrheinischen‘.

Der Veranstaltungsort war themengerecht: der fünfte Stock der noch im Bau befindlichen Constantinhöfe am Ottoplatz in Köln-Deutz. Hier diskutierten Vertreter der beteiligten Unternehmen, der Stadt und Architekten und Stadtplaner über das Bebauungskonzept für die Messeumgebung.

Deutz sei ein Stadtteil, der sich in einem „brutalen Strukturwandel“ befinde und ein einmaliges Potential besitze, sagte der Dezernent für Stadtentwicklung Bernd Streitberger in seinem Einführungsvortrag. Wegen der Vereinbarkeit der Komplexe Bahnhof, Messe und Ufer sei der Bauleitplan aber auch einer der komliziertesten, die er je kennen gelernt habe. Es handele sich um den Umgestaltungsprozess eines Stadtteils in einer postindustriellen Phase, der wegen seiner Grundsätzlichkeit und problematischen Finanzierung einen Planungshorizont von mindestens 15 Jahren umfasse. Dies erfordere eine Rahmenentscheidung, unabsehbare zukünftige Entwicklungen dürften aber nicht verhindert werden.

Die Planung des Top-Acts

Ein wenig war es bei der anschließenden Diskussion wie im Think-Tank einer großen Plattenfirma: Man will mit großem Einsatz den kommenden Top-Act planen, doch alle sind lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass große Erfolge aus der Retorte die Ausnahme sind.

Die Repräsentanten der beteiligten Akteure sprachen ausnehmend konziliant und diplomatisch. Deutlich zu spüren war die in langen Planungsverfahren und moderierten Workshops geübte Gesprächskultur. Die Kontroverse konnte man entspannt im Subtext verfolgen.

Dem Stadtplanungsamt liegen die Rahmenkonzepte dreier Stadtplanungsbüros vor, die in einem moderierten Werkstattverfahren entwickelt wurden und über die der Stadtentwicklungsausschuss am 13. Juni entscheiden wird. Dieser sei übrigens, so Streitberger, „souverän“ in seiner Entscheidung gegenüber dem Expertengremium, das eindeutig den Entwurf von JSWD aus Köln favorisiert hatte (koelnarchitektur berichtete ausführlich).

Gute Voraussetzungen für eine große Zukunft

Allen divergierenden Interessen zum Trotz gibt es ein gemeinsames Interesse an einer großen Zukunft des Stadtteils, der neben einer problematischen Gegenwart in der Tat viele Voraussetzungen besitzt, die ihn zu einem metropolen Magneten werden lassen könnten.

Barcelona hat den Erfolg vorgemacht, doch im transnational gewordenen Standortwettbewerb gibt es mehr Standorte mit privilegierten Voraussetzungen, die etwas aus sich machen wollen, als der Markt tatsächlich braucht.

Deutz hat das Privileg der Flusslage und ist zudem im Besitz der eigentlichen Panoramaperspektive auf das historische Köln. Es hat als Kristallisationspunkt den ICE-Bahnhof der eine „phänomenale Erreichbarkeit“ garantiert, die Messe in unmittelbarer Nähe, es hat die Kölnarena und noch ca. 150 ha Industriebrachen, also planbares Gelände.

Gegen den Erfolg spricht noch einiges: Das Mietniveau ist wegen des Überangebotes an Büroraum mittlerweile gedämpft, die geplante und gewünschte große Lösung für den Bahnhof konnte nicht realisiert werden, der Messeeingang wurde „verschenkt“ und man leidet unter der UNESCO-Entscheidung, die neben dem LVR-Hochhaus metropole Ausrufezeichen verhindert hat. Deutz hat, abgesehen von der Bahn, im Stadtteil selbst eine schlechte, veraltete, zudem fußgängerfeindliche Verkehrserschließung.

(K)ein Eifelturm für Deutz

Robert Bambach von der Hochtief Projektentwicklung GmbH traute sich zu sagen, Deutz müsse sexy werden. Er meinte damit etwas, das man noch nicht genau benennen kann, aber er meinte jene emotionale Attraktivität, die nicht kontrolliert planbar sei. Was braucht Deutz neben einer stadtplanerischen Lösung, die allen Anforderungen gerecht wird? Man war sich nicht ganz sicher. Eine Art Eifelturm war der Wunschkandidat, dieser muss aber wegen des UNESCO-Verdikts eher horizontal gedacht werden – wie das die Constantinhöfe tatsächlich versuchen. Ein in der Finanzierung unsicheres Kongresszentrum – möglicherweise? Oder gar ein Musicalstandort – wer kann sich das vorstellen nach den Erfahrungen auf dem gegenüberliegenden Ufer? So wünschten sich viele einen Platzhalter für das große unbekannte Faszinosum. In der Dokumentation des Werkstattverfahrens heißt es akademisch: „Identifizieren und Konkretisieren eines Initialprojektes, das Motor für die weitere Entwicklung ist und Qualitätsmaßstäbe setzt“. Fortsetzung folgt …

Axel Joerss

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3 Kommentare

Ich war an dem Abend auch da, war wirklich interessant doch wie es weiter geht in Deutz weiß immer noch keiner so genau.

DIE CHANCE MIT EINER HERVOR-RAGENDEN H O C H H A U S ARCHITEKTUR EIN SPANNUNGS-GELADENES STADTBILD ( ALT – DOM ZU NEU – DEUTZ) ZU SCHAFFEN WURDE VERTAN. Z.ZT. ENTWICKELT SICH DEUTZ ARCHITEKTONISCH IN RICHTUNG BIELEFELD ODER KASSEL (S: KONSTANTINHÖFE ODER DER „TOLLE NEUE LH – RIEGEL)