Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Alles ist in AFRI COLA !

30.08.05 Die dritte Schleife des Projektes ‚Liebe Deine Stadt‘ wurde vergeben

Folgt man der Nord-Süd Fahrt bis zu ihrem nördlichen Ende, kommt die geschwungene Fassade eines Gebäudes in den Blick, welches mit der Kölner Geschichte stark verwoben ist. Den Schriftzug „Afri-Cola“, die Kölner Marke des Aufschwungs, findet man zwar heute nicht mehr auf der glänzenden Aluminiumfassade, aber noch immer wird sie als Werbeträger genutzt.

Liebe Deine Stadt

Das Projekt „Liebe Deine Stadt“, das im Rahmen der NRW-Stiftung StatBauKultur NRW unterstützt wird, beschäftigt sich für ein Jahr mit Gebäuden der 50er und 60er Jahre, die das Kölner Stadtbild maßgeblich prägen und dennoch aus dem Blickfeld und Bewußtsein der Kölner gerückt sind. Denn auf der Suche nach einer „Kölnischen Identität“ stößt man meist auf Stimmungen und das Lebensgefühl in Köln, nicht aber auf das städtische Umfeld oder gar konkrete Gebäude – sieht man einmal vom Dom ab. Mit dem „Afri-Cola-Haus“ wurde nun zum dritten Mal das Gebäude des Monats prämiert und durch den Laudator Prof. Dr. Bazon Brock gewürdigt.

Alle im Afri-Cola Rausch?

Dabei geht die überdimensionale Preisschleife diesmal nicht an das gesamte Gebäude, sondern bezieht sich auf seine Blendfassade entlang der Nord-Süd-Fahrt. Dieser Schwung aus Aluminiumpaneelen ist mit Abstand vor die dahinterliegenden Gebäude gesetzt. Die Fassade funktioniert also nicht als Gebäudeabschluß, sondern als Verblendung. Schaut man im Innenhof einmal dahinter, ist das traurige Bild einer Lochfassade zwischen Taubenfangnetzen und Stahlunterkonstruktion zu sehen. Warum erhielt wohl ausgerechnet dieses Gebäude den Preis des Monats?

Die Nord-Süd-Fahrt, die von vielen Kölnern als Bausünde des Wiederaufbaus betrachtet wird, durchschneidet die Kölner Innenstadt auf vier Kilometern Länge und läßt dadurch ein Niemandsland entstehen, das durch die häufig von ihr abgewandten Gebäude noch verstärkt wird. Auf diesen Riß durch Köln, diese Schneise antwortete das „Afri-Cola–Haus“ mit seiner Blendfassade unerwartet positiv und schwungvoll.

Bei der Wirkung der Fassade geht es in erster Linie dann auch um zwei Aspekte: zunächst um das Verhältnis der Fassade zum Straßenraum, gleichzeitig aber auch zu der Hinterhofsituation, die eigentlich von Kriegsauswirkungen und Abbruch für den Bau der Nord-Süd-Fahrt die Randbebauung charakterisiert. Diese Abbruchkante wird von der Fassade kaschiert, allerdings durch den Abstand zu den Gebäuden dahinter bei genauem Hinsehen wieder betont.

Das Duo aus Hans Schilling als Architekt und Karl Flach als Bauherr wagte mit der Errichtung des Gebäudes Mitte der 60er Jahre einen Schritt nach vorne. Das Chefzimmer des Bauherren schwebt sogar noch als Kubus über der Nord-Süd-Fahrt, der hoch oben aus der Fassade ragt. Er bildet damit die einzige innenräumliche Verschränkung zwischen Fassade und dahinterliegendem Gebäude.

„Erlösendes Weinen über die Zukunft Kölns“

Im Bezug zu dieser Blendfassade philosophiert der Laudator Prof. Bazon Brock in seiner Rede mit dem Titel „Erlösendes Weinen über die Zukunft Kölns“ dann auch über die Differenz zwischen Schein und Sein und fragt nach dem Bewußtsein der Kölner für diesen Unterschied. Er bezeichnet das Gebäude nicht als Architektur, sondern als ein „baulich zusammen gekommenes Konglomerat“, worauf die Fassade durch seinen betonten Abstand zumindest dem intelligenten Betrachter einen deutlichen Hinweis gibt.

Bazon Brock untersucht als Kulturkritiker und Ästhetiker auch hier wieder den Zeitgeist, der das Gebäude begleitet hat und auch seine Auszeichnung heute begleitet: „Sexy-mini-super-flower-pop-op-cola. Alles ist in Afri-Cola.“ Brock verweist in diesem Zusammenhang auf den Künstler Charles Wilp, der diese legendären Werbekampagnen von Afri-Cola in den 60er und 70er Jahren entwickelte und ihr damit zu großer Berühmtheit verhalf.

„Der gute Rausch“ von Afri-Cola, er wirkt in Köln mit diesem Gebäude also immer noch– herzlichen Glückwunsch!

Ragnhild Klußmann

Weitere Termine:

Die nächste Schleife für das Gebäude im September wird im Rahmen der plan 05 für das Wohn- und Geschäftshaus Wefers vergeben. Der Laudator ist der Kölner Erzdiözesanbaumeister Martin Struck.

Termin: 25.09.2005, 15 Uhr, Ort: Komödienstr. 97, 50667 Köln

lds 1Gesamtansicht2

Aluminiumfassade

lds 7Konferenzbox2

Das Chefbüro schwebt über der NSF

lds 5Innenhof

Im Innenhof: Der Blick nach oben

lds 6Die Edition

Der Laudator Bazon Brock und Merlin Bauer, Initiator der Aktion, überreichen die Edition.

lds 2Überblick 1

Innenhof mit Gästen

1 Kommentar

Ja, ich liebe meine Stadt- besonders das Afri Cola Haus. Ich wohne direkt vis-a-vis auf der Rückseite des Hauses in der Domstrasse und mein Blick fällt auf die herrlich geschwungene Stahl-Konstruktion, die mich einerseits vor neugierigen Nachbarn schützt, die ich andererseits als Projektionsfläche für Lichtinstallationen nutze. Das herausragende Chefbüro ist schon lange mein Traum- sollte ich mal mit meinem Imperium in dieses Gebäude einziehen. Aber, und das steht in ihrem Artikel leider nicht, es gibt Pläne, das Haus abzureissen und mir einen (garantiert hässlichen) Neubau mit zig Stockwerken vor die Nase zu stellen. Gibt es Möglichkeiten, das Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen, oder eine Bürgerinitiative von Architekten? Mit besten Grüssen.