Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

In Kalk geht’s ans Eingemachte

Ein Spaziergang auf der KunstRoute Kalk 2004

Umweltverschmutzung, Industriestandort, sozialer Brennpunkt – Köln-Kalk hat nicht den besten Ruf, den sich ein Stadtteil wünschen könnte. Umso beeindruckender der Spaziergang durch seine Straßen: Auf den brachliegenden Industrieflächen blieb kaum ein Stein auf dem anderen – Wohnen, Kunst, Kultur und moderne Technologien zogen in den letzten zehn Jahren dort ein. Der Stadtteil ist im Umbruch. Und das spürt und sieht man. Aus der verrauchten Dreckschleuder ist ein lebendiger Stadtteil geworden. Aber mit dem Fortgang der Industrie und der Umnutzung ehemaliger Kulturdenkmäler hat Kalk auch einen Teil seiner Identität, seines Flairs verloren. Das darf nicht sein, beschloss das Kulturamt der Stadt Köln. Vier eingeladene Künstler zeigen im Rahmen der „KunstRoute Kalk“, dass die Vergangenheit in den Menschen aus Kalk weiterlebt – und auch weiterleben soll.

Ans Eingemachte …

… geht es bei der Installation von Joachim Römer. Wer kennt sie nicht, die Einmachgläser aus Omas Küche. Alles, was wertvoll und wichtig war, wurde für die Zukunft aufbewahrt und eingemacht. Abgelöst durch die Tiefkühltruhe verschwand das Einmachglas in der Vergangenheit. Der Kalker Künstler holte es wieder heraus und wendet sich an die Kalker Bürgern: Was würden Sie aus Ihrem Stadtteil konservieren und für kommende Zeiten aufbewahren? Die Installation an der Haltestelle Kalker Kapelle lässt die Menschen staunen und stehen bleiben. In einer acht Meter langen Gläserkette präsentiert Joachim Römer Erinnerungen: Gartenduft aus Kindertagen, Muscheln, Steine, Photographien und Worte. Ein schwingendes Archiv der Gegenwart.

Stadterneuerung Kalk

Eine Haltestelle weiter – der Kalker Post – kommt es erneut zum Menschenauflauf. „Schaut mal, so war das früher hier“, ein türkischer Papa zeigt seinen beiden Söhnen den alten Arbeitsplatz, die ehemalige Chemische Fabrik Kalk. Ihren Abriss in den letzten Jahren dokumentierte die Künstlerin Marietta Schwarz auf einem Bauzaun: Die großformatigen Photos, die sie im Lauf der Bauzeit angefertigt hat, setzt sie in Kontrast zu historischen Bildern desselben Ortes. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite präsentiert sich, ohne Worte, der Neubau auf dem ehemaligen Gelände der Chemiefabrik – die Köln Arcaden. Nur noch der alte Wasserturm, das letzte Wahrzeichen, steht und erzählt von früher. „Kalk war damals besser, was sollen wir denn mit einem Einkaufszentrum“, die ersten Diskussionen unter den Bürgern entstehen.

„Gesichter“

Bürger, die Günter Vossiek neu interpretiert. Der Kölner Künstler zog im letzten Jahr mit seiner Kamera durch den Stadtteil und suchte nach Gesichtern, die das Leben in Kalk charakterisieren. Mit einer Technik aus Diapositiven und Malerei entstanden Kopfportraits aus einer Mischung aus Photo und Malerei. Bewundern kann man diese jetzt übernatürlich groß auf den Fenstern der leeren Museumshalle. Wie Geister aus einer vergangenen Zeit blicken sie den Fußgänger auf dem Ottmar-Pohl-Platz an – nachdenklich, fragend, im Gedächtnis haftend.

„Grundwasser“

Einige Meter weiter – im Foyer des neu gebauten Kalk-Karrée – die letzte Station der KunstRoute: In Zusammenarbeit mit dem Wünschelrutengänger Dirk Mross hat die Schottin Elizabeth Ogilvie zahlreiche Wasseradern unter dem Verwaltungsgebäude aufgespürt und visualisiert diese mit einer Wasserinstallation. Einmal wie das Wasser sein – schön, rein und klar? Der Stadtteil Kalk befindet sich mitten im Strukturwandel – die vier Installationen der KunstRoute veranschaulichen öffentlich das Abbild sozialer, politischer und persönlicher Veränderungen.

KunstRoute Kalk

Ausstellungsdauer: 6. Dezember 2004 – 8. Januar 2005

Ausstellungsorte:

  • „Ans Eingemachte“ – Kalk Kapelle
  • „Stadterneuerung Kalk“ – Kalk Post
  • „Gesichter“ – Außenfassade Halle Kalk des Museums Ludwig
  • „Grundwasser“ – Foyer Kalk-Karrée (Sa und So geschlossen)

Natalie Gemmrig

Kalk Titel

Die KunstRoute Kalk – Kunst in und für Kalk

‚Ans Eingemachte‘ – Installation von Joachim Römer

Kalk Stadterneuerung

‚Stadterneuerung Kalk‘ – Projekt von Marietta Schwarz

Kalk Gesichter_02

Zwischen Malerei und Photographie – ‚Gesichter‘

Kalk Gesichter

‚Gesichter‘ – Kunst von Günter Vossiek