Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

ArchiTaxi – ein ErFahrungsbericht

Während plan04 führten und fuhren Kölner Architekten Architekturinteressierte auf drei Routen zu ausgewählter und ausgezeichneter Architektur in Köln. Annika Wind fuhr mit. Ihre ga…

Während plan04 führten und fuhren Kölner Architekten Architekturinteressierte auf drei Routen zu ausgewählter und ausgezeichneter Architektur in Köln. Annika Wind fuhr mit. Ihre ganz persönlichen Beobachtungen von der Rücksitzbank fasst sie in einem „ErFahrungsbericht“ zusammen.

Keine fünf Minuten genehmigt der Ordner, der Ausflug in das Rheinenergie-Stadion ist nur ein kurzes Intermezzo. Ein schneller Blick in das Innere, dann muss es weiter gehen. Auf ausverkauften Rängen feiern die Fans des FC ihre Mannschaft und die Freude ist spürbar: Wippende Ränge, lautstarke Parolen, das Stadion bebt. Guido Lohmann bleiben nur seine Gesten. Erklärungen zur Statik und Bautechnik der riesigen Sportarena gibt der Architekt vorerst nicht. Erst als das „Architaxi“ wieder gemächlich seine Runde dreht.

Ein einfaches Konzept

Lohmanns Taxi-Tour ist eine von drei verschiedenen Routen, die die „Architaxis“ im Zuge der „plan 04“ ansteuern. Das Konzept des „koelnarchitektur.de“-Ausflugs ist bestechend einfach: Ein sachkundiger Fahrer braust mit seinen Insassen durch die Stadt. In der Ruhe der bequemen Limousine stellt man sich vor. Vier Fahrgäste – zwei Juristen, zwei Kunsthistoriker – und ein Architekt. Das Thema der Tour steht fest, es geht um Kölner Baukunst. Um eigene und die Bauten anderer, wie die des RheinEnergieStadions. Auf der Fahrt erzählt Lohmann von der riesigen Baustelle, auf der das Aachener Architekturbüro Gerkan Mark und Partner das alte Stadion in Teilen abreißen und das neue aufbauen ließ. Einst eine logistische Meisterleistung, heute ein Hingucker zur Fußball-WM 2006.

Die Entdeckung der Langsamkeit

Vier Objekte im Kölner Stadtgebiet stehen auf dem Taxi-Plan, doch der Straßenverkehr zwingt zur Langsamkeit. Nur zwei Gebäude wird man auf der rund zweistündigen Tour schaffen. Dafür präsentiert Lohmann die Architektur so, wie es nur selten vorkommt: Der Architekt selbst erklärt sein Gebäude, die Idee, die Entstehung, die Kosten. Im Ginsterweg ließ er 2003 mit seinem Partner Johannes Götz das neue Domizil der Familie Murges errichten. Eine vierköpfige Familie, die wünschte, ihr großzügiges neues Heim in die Struktur einer alten Wohnsiedlung in Müngersdorf zu integrieren.

Formen der klassischen Moderne

Von außen ist das „Haus Murges“ ein schlichtes Gebäude an einer Straßenecke, das die Fassaden der anderen Häuser aufnimmt. Die gleichen Ziegelverblendungen wie an den Nachbarbauten, der gleiche Putz. Neben dem Flachdach dominieren vertikal gegliederte Fensterbänder und klare Formen den Bau. Im Inneren bestimmen schwarzer Granit und Eichenholz die Einrichtung. „Ich schätze klare Formen, die sich seit Jahrzehnten bewährt haben“, so Lohmann, der für dieses großzügige Gebäude ganz bewusst auf Elemente der klassischen Moderne zurückgegriffen hat.

Auf seinem Rundgang durch das Haus gibt Guido Lohmann nicht nur fachkundige Informationen, er erzählt die eigene, auch ganz persönliche Entstehungsgeschichte seines Gebäudes. Von den groben Strukturen des Hauses und seiner Lichtführungen, die Integration alten Baumbestandes bis zu den Problemen bei der Wahl der Materialien. „Architaxi“ ist so nicht nur ein Erlebnis für die Fahrgäste, die unverhofft durch fremde Wohnzimmer spazieren und dem FC in Aktion erleben. Auch der Architekt profitiert auf seine Weise. Mit den Fahrgästen bekommt Lohmann die Chance, die eigene Arbeit noch einmal zu zeigen und zu begutachten – diesmal sogar mit fremden Augen.

Annika Wind

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Ansichtssachen. Jede ArchiTaxi-Tour verlief anders – dank wechselnder Fahrer und immer neuer Gäste.