Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Bestandsaufnahme einer Bestandsaufnahme

Zur Ausstellung ‚Riphahn – Architekt in Köln‘

So ist das in Zeiten leerer Kassen: Mit wenig Geld und kaum Personal lassen sich keine großen Sprünge machen. Ein schlecht ausgestattetes Museum, das heute eine Ausstellung machen möchte, steht jedes Mal vor der Frage, es entweder gleich sein zu lassen oder zu schauen, wie aus dem, was man an Zuwendungen erhält, das Optimale herauszuholen ist. Und letztlich bleibt doch eigentlich keine Wahl: Es muss – soweit die Mittel tragen – ausgestellt werden, könnte man ansonsten doch gleich zumachen. Das Museum für Angewandte Kunst ist diesen zweiten, unausweichlichen Weg seiner Bestimmung gegangen und hat mit der Ausstellung „Wilhelm Riphahn – Architekt aus Köln“ einen ersten notwendigen und pragmatischen Schritt zur Würdigung dieses wichtigen Kölner Architekten des letzten Jahrhunderts vorgelegt. Dabei ist eine Ausstellung herausgekommen, die in ihrer pragmatischen Aufmachung ganz unbewusst auch den pragmatischen Charakter des Architekten recht gut einfängt.

Wilhelm Riphahn ist in Köln geboren, hat hauptsächlich in Köln gewirkt und ist auch hier gestorben. Er ist der Kölner Architekt des 20. Jahrhunderts, der das Bild seiner Stadt prägte wie kaum ein anderer. Dabei war Riphahn „kein Theoretiker, kein Lehrer, kein eloquenter Redner, kein genialer Zeichner, sondern ein humoriger, knorriger, bodenständiger Praktiker.“ Der Wesenszug des Pragmatikers ist vielleicht das „Kölsche“ an seiner „Kölner Architektur“ – neben einigen markanten Highlights seines architektonischen Schaffens wie der Bastei, der Weißen Stadt, dem Kulturinstitut Die Brücke oder dem Opernhaus. Dabei fällt vor allem auf, wie vielseitig und umtriebig Riphahn gewirkt hat. Nichts, was er nicht gebaut hätte: Siedlungsanlagen, Fabriken, avantgardistische Villen, Ausflugslokale, Gaststätten und Versammlungssäle, Kulturinstitute, Geschäfts- und Verwaltungsbauten, eine Oper und eine Kirche. Sein Pragmatismus mag ihm auch in seiner Hauptschaffensperiode im zerstörten Köln nach dem Zweiten Weltkrieg hilfreich gewesen sein. Nach der Zeit der großen Illusionen war nur wenig Platz für Visionen. Auch in der Architektur war der Macher gefragter als der Visionär. Es musste gebaut, nicht philosophiert werden. Riphahn kam in dieser Hinsicht einem herrschenden Zeitgefühl nahe, was sicher auch eine Grundlage seines Erfolgs war.

Vorsichtig-bescheiden nennen die Ausstellungsmacher ihre Werkschau eine „Bestandsaufnahme“. Bestandsaufnahmen entstehen, nimmt man den Begriff wörtlich, höchstwahrscheinlich so: Man geht in ein Archiv, holt meterweise Akten, Pläne und Modelle aus dem Dunkel ans Licht, sichtet das Material, sortiert es und bringt es in irgendeine Reihenfolge: mal thematisch, mal chronologisch, mal geografisch. An die Wand gehangen nennt man das dann eine Ausstellung, in einem Buch zusammengefasst einen Ausstellungskatalog. So in etwa verhält es sich auch mit der vorliegenden Riphahn-Ausstellung: Sie zeigt eine Fülle von Plänen, Fotografien und Modellen aus dem Nachlass des Architekten. Der reich bebilderte Katalog bündelt dies in einer fast vollständigen Darstellung der von Riphahn in fünf Jahrzehnten gebauten Objekte, von denen einige bereits wieder verschwunden, andere bis zur Unkenntlichkeit verbaut und wieder andere vom Abriss bedroht sind. Man kann dem Museum hoch anrechnen, dass es gelungen ist, eine längst überfällige erste Ausstellung und einen ersten guten und umfassenden Werkkatalog zu Riphahn vorgelegt zu haben.

Man mag bedauern, dass es zu mehr nicht gereicht hat und hätte sich gewünscht, dass das Museum eine stärkere Hinführung zur Person und zum Werk sowie eine bessere historische Einordnung anbietet, die auch den interessierten Laien anspricht. Die Ausstellung in ihrer Art wird sicher von der Fachszene gut angenommen werden: Architekten und Kunsthistoriker werden sich an den Plänen und Modellen erfreuen, interessierte Laien werden es dagegen schwer haben, durch diese Ausstellung Zugang zu Riphahns Werk zu erhalten und zu einer Einschätzung seiner Bedeutung für ihre – für Riphahns – Stadt Köln zu gelangen. Allenfalls wird man sich wundern und bestaunen, was dieser vielseitige Architekt so alles gebaut hat. Das umfangreiche Rahmenprogramm ist für diese Zielgruppe womöglich interessanter als die Ausstellung selbst: In vielen Führungen werden in den nächsten Monaten die von Riphahn gebauten Objekte und Siedlungen besucht und durchwandert. In der direkten Erfahrung der Architektur vor Ort und im Gespräch mit den führenden Fachleuten wird so für denjenigen die Architektur erlebbar und greifbar, dem sich die Planskizze nicht erschließt.

Zu hoffen bleibt, dass der „Bestandsaufnahme“ weitere Schritte in der Würdigung und Aufarbeitung Wilhelm Riphahns folgen werden. Vielleicht, wenn die Zeiten für Museen mal wieder besser sein sollten, vielleicht in neun oder zehn Jahren – wenn Riphahns 50. Todestag (2013) und sein 125. Geburtstag (2014) rasch aufeinanderfolgen.

Sebastian Hebler, Redaktion

Riphahn-Porträt

‚Wilhelm Riphahn (1889-1963), Architekt in Köln.‘ Eine Bestandsaufnahme seiner Werke zeigt das Museum für Angewandte Kunst in einer Ausstellung bis zum 2.5.2005 (Foto: Nachlass Riphahn, Fotograf unbekannt)

Bastei

Die Bastei, Panorama-Restaurant (Baujahr 1924), Ansicht von Norden. Foto: Nachlass Riphahn, Fotograf unbekannt.

Weiße Stadt

Kirche St. Petrus Canisius (Baujahr 1928-1931) in der Siedlung ‚Weiße Stadt‘. Foto:

Werner Mantz, VG Bild-Kunst Bonn 2004

Die Brücke

Gesamtansicht des Britischen Kulturinstituts ‚Die Brücke‘. Blick von der Hahnenstraße (Baujahr 1949-50) Foto: Hugo Schmölz, © VG Bild- Kunst Bonn 2004

Institut Francais

Institut Francais (Baujahr 1951-53), Ansicht Sachsenring. Foto: Karl Hugo Schmölz, VG Bild-Kunst Bonn 2004

Haus Haubrich

Haus Haubrich (Baujahr 1951), Ansicht Eingangsbereich mit ‚Wohnturm‘. Foto:

M. Läuferts, 2002

2 Kommentare

Sehr geehrter Herr Hebler!
1)die Ausstellung ist nicht bis Mai 2005 vorgesehen!
2) Jeder, der sich bisher mit Plänen im Historischen Archiv befasst hat weiss, dass es nicht so einfach ist, diese in „irgendeine Reihenfolge“ zu bringen!
3) Für den zeitlichen Rahmen von einem Jahr ist das Ergebnis hervorragend! Ich finde es sehr schade, dass sie in ihrer Beurteilung dem Museum einen Strick aus dieser zeitlichen und finanziellen Vorgabe drehen.
Mit freundlichen Grüßen, die Organisatorin des Rahmenprogramms für interessierte Laien

Als Bickendorfer bin ich ganz froh über die Ausstellung. Unsere Siedlung wird hier historisch eingebettet in die Geschichte der GAG einerseits und in das Werk von Riphahn – und damit in die Geschichte Kölns im 20. Jhdt.- andererseits. Ich sollte mal an einer Führung teilnehmen, um das Nachkriegswerk besser einordnen und verstehen zu können!