Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Die Geister, die ich rief…

Dom für ein Jahr auf der „roten Liste“ des UNESCO-Weltkulturerbes.

Was ursprünglich nur als Drohung gedacht war ist Realität geworden. Das „Zwischenstaatliche Komitee“ der UNESCO hat wegen „möglicher Beeinträchtigungen“ durch nahe liegende Hochhäuser den Dom auf die sogenannte „rote Liste“ der gefährdeten Kulturstätten aufgenommen.

Damit ist der Kölner Dom, seit 1996 UNESCO-Weltkulturerbe, in bester Gesellschaft. Derzeit werden auf der roten Liste 35 Stätten des Welterbes aufgeführt, die die UNESCO als „besonders gefährdet“ ansieht. Einige dieser Kulturstätten sind durch Bauvorhaben bedroht, andere durch Krieg oder Naturkatastrophen. Als gefährdet gelten beispielsweise das Tal von Kathmandu in Nepal, die Ruinen von Jam in Afghanistan oder das Okapi-Tierschutzgebiet in der Republik Kongo.

Seit Monaten schwelt in Köln die Hochhausdebatte. Nach verspäteter, dann jedoch groß angelegter Stadtbildverträglichkeitsstudie und einem Hochhaussymposium, beide vom Kölner Stadtplanungsamt organisiert, hat sich die Stadt, trotz der im Raum stehenden Drohung der Hochhausgegner, für das Bauen entschieden. Gültiges Baurecht besteht für die vier bis zu 120 Meter hohen Bürogebäude, im Bereich des geplanten ICE-Terminal. Ohnehin kommt der Rückbau des die Debatten auslösenden Büroturms des Landschaftsverbandes nicht in Frage. Nähme die Stadt nun Ihre Zusagen zurück, die Glaubwürdigkeit einer verlässlichen und konsequent angelegten Stadtplanung wäre auf Jahre hinaus beschädigt.

Was also haben die erreicht, die sich um den Domblick sorgen?

An den Fakten ändert sich zunächst nichts. Eine Stadt, noch dazu eine, die den Anspruch erhebt eine Großstadt sein zu wollen, muss sich weiter entwickeln können. Natürlich muss diese Entwicklung im Einklang und in Korrespondenz mit dem Bestand stehen. Auch deshalb erscheint es richtig, an der einmal getroffenen Entscheidung festzuhalten. Ein Kompromiss in der Sache wenig wahrscheinlich, alleine aus architektonischen Gesichtpunkten können die Hochhäuser nicht um 30 Meter niedriger entstehen.

Was aber verbessert werden kann ist das Prozedere, und zwar auf beiden Seiten, die Kommunikationswege sollten korrigiert werden. Hier kann die Stadt Köln die Sachlage sicher verbessern. Wie es heißt, wolle man das Vermittlungsangebot von NRW-Bauminister Michael Vesper annehmen. Befremdlich ist allemal auch die Vorgehensweise von ICOMOS, der UNESCO Beratungsinstanz, denn offensichtlich wurden weder die Dombaumeisterin noch der Stadtkonservator zur Sache befragt. Beide mahnen zwar zur Umsicht, sehen jedoch durch die derzeitigen Planungen den Dom nicht gefährdet.

Unklar in der Begründung der UNESCO bleibt außerdem was genau macht den Weltkulturerbestatus des Doms aus? Ist es der Blick von Osten, der Dom als prägendes und markantes Gebäude der Stadtsilhouette oder weil er als Kulturdenkmal von herausragendem Rang europäischer gotischer Architektur eingestuft wird. Dann allerdings ist die Reduktion auf eine Blickachse wenig verständlich.

Und auch das sollte allen Beteiligten am Herzen liegen; Nicht nur den Blick in die Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft zu richten. Sie könnten ihr Augenmerk zum Beispiel darauf lenken, die rechtsrheinischen Hochhäuser von hoher architektonischer Qualität entstehen zu lassen, die in 50 Jahren als Kathedralen der Neuzeit ebenfalls als schützenswert gelten. Die historische Stadt mit den sakralen Türmen im Westen und als Pendant die Zeichen des Dritten Jahrtausends auf der anderen Rheinseite. Türme und Zeichen in friedlicher Koexistenz.

Der „Rote-Listen-Status“ ist nun für ein Jahr gültig, dann werden die Hüter des kulturellen Erbes erneut beraten. Kommt es bis dahin zu einer konsensualen Lösung zwischen Stadt und Komitee würde die Kathedrale dann wieder von der Liste gestrichen. Im Extremfall verliert der Dom den Status. Ob mit oder ohne Weltkulturerbestatus der Dom ist und bleibt das Gebäude, das das Bild dieser Stadt am meisten prägt. Und das muss ihm im Zweifel nicht amtlich bestätigt werden.

Barbara Schlei
Redaktion

103,2

Die neue Kölner Skyline?

Foto: Gatermann + Schossig

stadtbildverträglichkeit

Dom / Süd-Turm

Quelle:

peter eisenlauer, architekt / münchen

maier+neuberger, architekten / münchen

5 Kommentare

Frau Schlei, ich habe selten einen so treffenden Kommentar zu dieser höchst unnötigen Debatte gelesen.
Die UNESCO/ICOMOS sollte sich ernsthaft selber erstmal ernsthaft klar darüber werden, ob nun der Dom selbst oder einige Betrachtungsstandorte im Rechtsrheinischen als schützenswert gelten.
Schliesslich wurde nicht die gesamte Altstadt bzw. das Rheinpanorama zum Weltkulturerbe „erhoben“, sondern nur der Dom, welcher durch Bebauung in teils über 1km Entfernung wohl kaum an architektonischer Bedeutung verlieren würde.
Der Stadtentwicklung in Köln werden meiner Meinung nach schon genug Steine in den Weg gelegt, da sollte man sich von einer sogenannten „Expertenkommission“, die sich ja nichteinmal vor Ort selbst ein Bild machen wollte, nicht aufdiktieren lassen, was Stadftbildverträglich ist und was nicht.
Da ohnehin die Frage im Raume steht, ob die UNESCO bloss ein Exempel an einer westlichen Industrienation statuieren wolle, sollte man sich Gedanken machen inwiefern dieser Titel „Weltkulturerbe“ gewollt und vielmehr gebraucht wird.
Der Dom jedenfalls wird national wie international keinen Funken an Bedeutung und Ansehen verlieren, ganz im Gegensatz zum Ruf der UNESCO als unabhängige, fachlich versierte Expertenrunde.

„Ob mit oder ohne Weltkulturerbestatus der Dom ist und bleibt das Gebäude, das das Bild dieser Stadt am meisten prägt. Und das muss ihm im Zweifel nicht amtlich bestätigt werden.“

eben !

Als Kölner Bürger sehe ich die geplante Hochhausbebauung auf der Deutzer Seite als äußerst positive Entwicklung.Die Kölner sollten sich von der anmaßenden Expertenkommission der UNESCO nicht irritieren lassen.

Liebe Freunde der Kölner Spitzen,

als alter und gebürtigere Kölner im rechtsrheinischen, wenn auch erst Anfang diesen Jahrhunderts zu Köln eingemeindet, haben wir (…nee su alt bin isch noch nit …mit 50), unseren Dom und die Aussicht zu diesem genossen.
Sehr geehrte Damen und Herren Architekten und Stadtplaner, versucht ein klein wenig Verständnis für das UNESCO Komitee aufzubringen, wenn auch aus der in unserer Gesellschaft allgegenwärtigen und als einzig mögliche, rein juristische Betrachtungsweise nichts gegen die Entscheidung unserer Verwaltung und der sehr geehrten Stadtplaner einzuwenden ist.
Auch die wirtschaftliche Betrachtungsweise, könnte, wenn unsere demographische Entwicklung wiedererwartend positiv reagieren würde, alles in allem die Bedenken der UNESCO zerstreuen…aber eben nur zerstreuen!
Zu einem kulturell, für die abendländische Entwicklung so wichtigen Baudenkmal wie dem Kölner Dom, welcher eine uralte und einer der wichtigsten Pilgerstätten des katholischen Glaubens darstellt, muss auch die Betrachtungsweise, vom „objektiven Realisten“ dieser Zeit, von andere Seite zugelassen und berücksichtigt werden…die des allseits sichtbar Werdens unserer heimatlichen Kultur und unseres Glaubens.
In diesem Sinne wollen Sie, liebe Planer und Architekten bitte auch, den aus unserer Kultur und Glauben heraus gründende tiefe Gesellschaftsgrundwert erkennen, welcher, wenn auch häufig nur unterbewußt wahrgenommen, gerade durch visuelle Wahrnehmung erhalten und vertieft wird. Haben Sie Verständnis für die UNESCO und vielleicht auch für Kritiker der „Kölner Spitzen“.
Aber, meine Damen und Herren der Stadt, gehen Sie mit ähnlichem Eifer auch an die Erhaltung von Flächen. Denn die Menschen, die bereits in der Stadt leben, würden gerne auch Ihre Enkel und Kinder in dieser Stadt unter guten Bedingungen aufwachsen sehen, Stichwort: Sportplätze Venloer / Subbelratherstr!
In diesem Sinne.

KGPG Kölner Bürger
Liebe Freunde der Kölner Spitzen,

als alter und gebürtigere Kölner im rechtsrheinischen, wenn auch erst Anfang diesen Jahrhunderts zu Köln eingemeindet, haben wir (…nee su alt bin isch noch nit …mit 50), unseren Dom und die Aussicht zu diesem genossen.
Sehr geehrte Damen und Herren Architekten und Stadtplaner, versucht ein klein wenig Verständnis für das UNESCO Komitee aufzubringen, wenn auch aus der in unserer Gesellschaft allgegenwärtigen und als einzig mögliche, rein juristische Betrachtungsweise nichts gegen die Entscheidung unserer Verwaltung und der sehr geehrten Stadtplaner einzuwenden ist.
Auch die wirtschaftliche Betrachtungsweise, könnte, wenn unsere demographische Entwicklung wiedererwartend positiv reagieren würde, alles in allem die Bedenken der UNESCO zerstreuen…aber eben nur zerstreuen!
Zu einem kulturell, für die abendländische Entwicklung so wichtigen Baudenkmal wie dem Kölner Dom, welcher eine uralte und einer der wichtigsten Pilgerstätten des katholischen Glaubens darstellt, muss auch die Betrachtungsweise, vom „objektiven Realisten“ dieser Zeit, von andere Seite zugelassen und berücksichtigt werden…die des allseits sichtbar Werdens unserer heimatlichen Kultur und unseres Glaubens.
In diesem Sinne wollen Sie, liebe Planer und Architekten bitte auch, den aus unserer Kultur und Glauben heraus gründende tiefe Gesellschaftsgrundwert erkennen, welcher, wenn auch häufig nur unterbewußt wahrgenommen, gerade durch visuelle Wahrnehmung erhalten und vertieft wird. Haben Sie Verständnis für die UNESCO und vielleicht auch für Kritiker der „Kölner Spitzen“.
Aber, meine Damen und Herren der Stadt, gehen Sie mit ähnlichem Eifer auch an die Erhaltung von Flächen. Denn die Menschen, die bereits in der Stadt leben, würden gerne auch Ihre Enkel und Kinder in dieser Stadt unter guten Bedingungen aufwachsen sehen, Stichwort: Sportplätze Venloer / Subbelratherstr!
In diesem Sinne.

KGPG Kölner Bürger

Trau schau wem—Leben in Wolkenkuckucksstadt

Das Statement von Frau Schlei fällt leider weit zurück hinter die taktische Raffiness Hochhausbefürworter Kollhofscher Prägung, es macht nur eins sehr deutlich: bereits das Verständnis für die Art und Dimension der vorliegenden baukulturelle Problematik ist gelinde gesagt ‚unterentwickelt’.

Es hat schon andere Auseinandersetzungen um Neubauprojekte im Weichbild von Stätten des Weltkulturerbes gegeben. Man denke nur an die Dimensionierung des ‚Potsdam Center’ im Umfeld der Potsdamer Schloßlandschaft, wo die Stadtväter nach harten Auseinadersetzungen jedoch mehr Sensibliltiät und Lernfähigkeit für die Gesamtproblematik entwickelten und schließlich ein Kompromiß erreicht wurde, der die Baumasse in wesentlichem Maße reduzierte. Ist dies in Köln nicht möglich und die Stadt nur Opfer einer umtriebrig-abgehobenen Verbands-Geschmacksmaffia? Das entschlossene Fazit scheint zu heißen: ‚we don not understand und arbeiten am besseren Eigenmarketing’- ansonsten nichts Neues beim fortschreitenden Turmhausbau in Wolkenkuckucksstadt.

Für die betraffende Problematik gab es früher zwei eindeutige Begriffe: Stadtbaukunst und Baukunst. Die baukünstlerische Leistung, die sich in den geplanten und realisierten Hochbauten abbildet, ist eher flach, von Zukunftsarchitektur keine Spur- eher Dutzendware. Wieso hier nicht wie anderorts schadlos abgespeckt werden kann, bleibt unerklärlich und eine neuerliche Grundsatzdebatte in der Hochhausfrage ist angesichts des gezeigten architektonischen Niveaus eher überflüssig.

Armes Colonia- in Köln schein man immer noch Kultur mit Kommerz und dabei in unseliger Allianz zu verwechseln, eine Verbesserung dieser Situation ist nicht in Sicht. Insofern ist es eher erfreulich, daß dem Land eine solche Art von europäischer Kulturhauptstadt mit unterentwickelter kultureller Orientierung erspart geblieben ist.