Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Synergieeffekt oder städtebauliche Präsenz?

Für das Kulturzentrum am Neumarkt wird derzeit ein Kammermusiksaal geplant.

Gesucht wurde: Eine Alternative!

Nachdem neue Entwürfe für das Kulturzentrum am Neumarkt KAN, mit der Einbindung eines Kammermusiksaals bekannt wurden, hatte der BDA zum Montagsgespräch ins Domforum geladen, um zum einen den Stand der Konzeption zu erfahren, zum anderen die derzeitige Planung in Frage zu stellen und alternative Lösungen zu diskutieren. „Stand der Planung – Kommt der Kammermusiksaal in den Keller?“ Schon der Titel der Veranstaltung machte deutlich, nicht alle können sich einen Konzertsaal im Keller vorstellen.

Die derzeitigen Planungen des Büros Schneider + Sendelbach, das für den Gesamtkomplex verantwortlichen Architekturbüros, haben einen entsprechenden Vorentwurf für die Integration eines Musiksaals bereits vorgelegt. Seit 1997 arbeitet das Büro an den Plänen für das neue Kulturzentrum, in dem das Schnütgen-Museum, das Rautenstrauch-Joest-Museum und die Kunsthalle ihre neue Heimat finden werden. In den letzten Jahren machten entscheidende Ereignisse, die VHS zog sich aus Kostengründe ganz zurück und der Kunstverein möchte sein als Provisorium gedachtes Domizil in der Brücke nicht mehr verlassen, sogenannte Optimierungen mit diversen Umplanungen notwendig. Die für den Komplex vorgesehenen Forumssäle entfielen, ebenso das Restaurant mit der geplanten tiefergelegten Hofsituation. Auch Überlegungen für eine dreigeschossige Tiefgarage wurden auf Eis gelegt.

Viele Details bedürfen noch der Differenzierung

Der nun erneut modifizierte Entwurf sieht eine „Kleine Philharmonie“ mit circa 900 Plätzen in drei Untergeschossen des Neubaus am Josef-Haubrich-Hof vor. Nach dem Vorbild des Wiener Kammermusiksaals als eine „Haus im Haus“ – Lösung, ist ein rechteckiger, 15 x 45 m großer, intimer Saal mit einer variablen Bühnenkonstruktion geplant. Auch wenn bis her nur von einem Vorentwurf gesprochen werden kann, stellen sich die Architekten die Wegeführung ins Untergeschoss als einen „inszenierten Weg“, der aus dem zentralen Foyer über Zwischenebenen mit vielfältigen Blickbeziehungen zum Hauptfoyer des Konzertsaals führt, vor. Durch die Integration in das Gebäude könne der Musiksaal sehr gut „die hohen akustischen Anforderungen erfüllen“. Auch Bedenken die Integration könne nur bedingt auf die statischen Bindungen des Museumszentrums reagieren, denn der geplanten Saals ist breiter als die konstruktiven Scheiben, die auch an der Fassade die sogenannten Fugen bilden, konnten die Architekten zerstreuen. „Der Saal“, so Uli Schneider, „könne konstruktiv abgefangen werden.“

In der nachfolgenden Diskussion beschworen alle Teilnehmer, die unglaubliche Chance, die das Projekt berge, allerdings wurde schnell deutlich, das in unterschiedlichen Konzeptvorstellungen auch unterschiedliche Chancen liegen.

„Im letzten Jahr“, so Kulturdezernentin Marie Hüllenkremer „entstand nach einem Besuch in Wien die Idee eines Kammermusiksaales für Köln“, der als „riesige Chance“ begriffen werden müsse. Denn der Bau einer „Kleinen Philharmonie“ würde den doch schrecklich verwaisten Ort am Neumarkt sowohl stadt- als auch kulturpolitisch mehr Gewicht geben und Synergieeffekte auslösen. Das Haus könne sowohl Tags als auch Nachts bespielt werden und unterschiedliches Klientel in das Kulturzentrum locken. Mit der „Kleinen Philharmonie“ könne ein langgehegter Wunsch der Kölner Musikszene endlich Realität werden. Die Philharmonie, Spielstätte des Gürzenich und WDR-Sinfonie-Orchesters, ist zum einen mit über 1000 Terminen im Jahr restlos ausgebucht und zum anderen mit 2.100 Plätzen für zahlreiche Veranstaltungen überdimensioniert. Auch die Freie Szene soll den neuen Musiksaal nutzen können.

Die eigentliche Chance des neuen Kammermusiksaals liege, so die Gegner des integrativen Konzeptes in der möglichen Präsenz des Hauses im Stadtraum“. „Denn sollte sich ein kulturelles städtisches Gebäude nicht auch zeigen und Stadtstruktur verbessern?“ Sie forderten ein eigenes Gebäude um städtebauliche Akzente zu setzten. Walter von Lom machte gar den Vorschlag auf Grund der neuen Lage den Gesamtkomplex KAN neu zu planen. Und Erwin Zander, der die Veranstaltung moderierte, konnte sich nicht mit der Tatsache abfinde, das der Saal im Untergeschoss liegen würde, seiner Ansicht nach brauche ein Musiksaal Bezug nach draußen.

Rohbau als Option

Doch auch der neue Dezernet, Bernd Streitberger, stellte sich hinter den Entwurf des Braunschweiger Büros. Denn auch von städtischer Seite seien alternative Planungen in skizzenhaften Überlegungen angedacht worden. Jedenfalls auf dem Gelände des ehemaligen Josef-Haubricht-Hofes sei „keine adäquate Stelle zu finden gewesen, denn unter großen Flächen des noch bebaubaren Grundes läuft die U Bahn,“ und „schaffe damit wenig optimale Vorraussetzung für einen Kammermusiksaal.“

Auch die Frage nach der Finanzierbarkeit machte unterschiedliche Sichtweisen deutlich. Zwar ist das Land, denn auch hier fand die Idee Zuspruch, dank der schützenden Hand des Bauministers Vesper bereit die zugesicherte Unterstützung von 25 Millionen Euro weitere Monate, die die Umplanung braucht, auf Eis zu legen, doch höher wird die geplante Unterstützung nicht ausfallen. So ist derzeit geplant, den Rohbau des Musiksaales für derzeit geschätzte 9 Millionen Euro anzulegen und wenn die Stadt oder andere Geldgeber, im Gespräch ist wohl der WDR, wieder flüssig sein werden auch den Ausbau zu finanzieren. Dieser Zustand liegt jedoch auf unbestimmte Zeit im Ungewissen. Die entgültige Entscheidung, ob die Stadt diesen Schritt gehen will wird der Kölner Rat im Sommer treffen.

Man könne sich vieles denken und wünschen so holte Marie Hüllenkremer alle Beteiligten wieder zur Realität zurück, jedoch sei eines klar „wenn man den Rohbau als integratives Konzept des KAN nicht begreifen wolle“, so sei „die Chance auf Jahre hinaus vertan eine Kleine Philharmonie für Köln zu bekommen.“ Und Streitberger ergänzte: „auch aus einer vermeintlichen Zwangssituation könne eine Bereichung entstehen“, man müsse nur daran glauben. Denn so, da sind sich Streitberger und Hüllenkremer einig „wir begeben uns auf eine Weg der noch Risiken birgt, aber wir wollen ihn gehen.“

Barbara Schlei
Redaktion

0402 Längsschnitt

Planungen für die mögliche ‚Kleine Philharminie‘ im bereits beschlossenen Kulturzentrum am Neumarkt, KAN.

Grafik: Schneider + Sendelbach