Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Glosse: Eine Halle ist eine Halle – oder: Mallorca ist überall!

‚Betonköpfe‘ verhindern Qualität in Deutz

Bis 2006 sollen vier neue Messehallen entstehen. Der von Messe-Geschäftführer Gerd Weber in die Öffentlichkeit getragene Druck durch Zeitnot und leere Kassen, wirkt wie ein vorsichtiges Werben um Nachsicht, dass es bei den Planungen für Qualität nicht reicht. Es ist notwendig, sich auf Funktionalität zu beschränken, lautet sein Credo, denn vorrangig müssen die Bauten für die Aussteller perfekt sein, die bringen schließlich das Geld.

Dass der Aussteller aber nach wenigen Tagen Stippvisite nicht mehr auf die Hallen blicken muss, bleibt unberücksichtigt und erinnert an die Hochhaus-Bettenburgen auf Mallorca, die zwar die Seele der Einheimischen verletzen, aber der Tourist bringt schließlich die Euro ins Land. Und für ein oder zwei Wochen preiswertes Sonnentanken, nimmt man schon einmal in Kauf, dass die Mallorciner das Nachsehen haben.

Weiter argumentiert Weber, der Messeboulevard dürfe „nicht zu attraktiv“ werden, denn schließlich sollen die Besucher die Ware begutachten und nicht durch eine ansprechend gestaltete Umgebung abgelenkt werden. Wir lernen daraus: Schönheit stört! Aber dafür kann niemand etwas, denn es ist – wie so oft – der Markt daran schuld, dass es in dieser Frage keine Alternative gibt, meint der Messesprecher.

Um der KölnMesse beizustehen, sollte man nicht nach besseren sondern nach billigeren Lösungen suchen. So kam es zu folgendem Vorschlägen:

Es werden gar keine Hallen gebaut und stattdessen entsteht ein großer Platz mit Wasser- und Stromanschlüssen. Die Kojen werden durch Container ersetzt, die preiswert in der Heimat der Aussteller bestückt und gleich über eine Krananlage (ganz ohne Investitionen geht es leider nicht ) vom Rhein herübergehievt werden. Das verkauft man dann international als den Stil eines Mies van der Rohe, denn weniger ist schließlich mehr. Hauptsache, der Ausstellerkomfort stimmt. Wie´s draußen aussieht, geht niemand was an. So kann man zudem sicherstellen, dass niemand die Umgebung auch nur eines Blickes würdigt und schon ist das Wünschenswerte erreicht.

Auch in der Messegastronomie hat man natürlich entdeckt, dass Attraktivität und Ambiente bloß vom Geldverdienen ablenken. Konsequent sind alle Gastronomiebereiche von jeglicher stilvollen Aufmachung befreit. Tischdecken und Kerzen waren gestern. Auch die Einführung von Einweggeschirr wird derzeit erwogen. Das bringt zwar Minuspunkte im Hinblick auf Nachhaltigkeitsgesichtspunkte, man spart aber unmittelbar die Personalkosten für die Spülkräfte ein.

Als besonders geglückter Schachzug wird unter der Hand die Idee gehandelt, die Fenster des Messeturmrestaurants künftig zu verhängen. Die Erfahrung hat nämlich gezeigt, dass der Blick viel zu sehr vom Verzehr ablenkt und die Verweildauer der Gäste unnötig verlängert. Und überhaupt: Wer hat eigentlich gesagt, dass sich die Messegäste und Aussteller vor Ort wohlfühlen sollen? Schließlich geht es nicht darum, dass sie gerne kommen, sondern darum, dass sie ihr Geld hier lassen. Das ist die Kultur, die wir meinen!

Köln. Wir leben das.

Petra Metzger

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4 Kommentare

Ich glaube auch nicht, daß der Artikel als Satire gemeint ist – das ist bitterer Ernst!!

in dieser stadt mit ihrer voellig absurden politik
wuerde mich absolut nix wundern.
hier jagt eh eine provinzposse die andere, unertraeglich !

Ich bin zwar nur selten in Köln, daß es aber mit den Architekturidealen nicht immer so weit her sein kann, davon zeugt ja wohl der grosse Müllsack hinter dem Bahnhof. Ist der nicht bald voll ?
Als kleiner Trost der Hinweis: Kölle iss överall !