Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Zukunftsprojekte: Ein Haus und Museum der jüdischen Kultur in Köln

Seit Ende der 1990er Jahre gibt es in Köln verstärkte Bemühungen zur Errichtung eines Hauses und Museums der Jüdischen Kultur.

Es soll bestehen aus einem musealen Teil, der die Geschichte der Kölner jüdischen Gemeinde – eine der ältesten in Deutschland – anhand der archäologischen Überreste erzählt und einen Ort für die umfangreiche Sammlung von Judaica und Zeugnissen des Kölner Judentums bereitstellt. Gleichzeitig soll das Haus aber auch ein Ort der Begegnung, der Erziehung zu Toleranz und der Erinnerung sein. Mit diesen Vorüberlegungen ist die Gesellschaft zur Förderung eines Hauses und Museums der jüdischen Kultur mit der Stadt Köln in Planungsdiskussionen gegangen. Bisher beschäftigte die Debatte sich vor allem mit der Frage des Standorts.

Ein Expertenhearing im Oktober 2001 diskutierte verschiedene Möglichkeiten im Kontext der Kölner Planungen von Kulturachsen wie der „via culturalis“ durch die Altstadt und einer Kulturdiagonalen von dem jetzigen Haubrich-Forum am Neumarkt bis zum Dom. Bei diesem Workshop, an dem Vertreter des Fördervereins, der verschiedenen städtische Behörden, der Fraktionen, Experten aus Kölner Museen sowie aus den Fachwissenschaften teilnahmen, wurden insgesamt sieben Standortvorschläge diskutiert. Gesucht wurde nach einem Ort für rund 2.400qm Nutzungsfläche. Die Raumplanung sieht insgesamt rund 1.400qm für die Ausstellungsfläche vor, von denen 1.200qm für Sonderausstellungen vorgesehen sind. Hinzu kommen 600qm für Schulungsräume und 400qm für sonstige Funktionen. Neben einem Neubau am Offenbachplatz standen verschiedene Möglichkeiten der Nutzung vorhandener Gebäude oder von Neubauten in der Umgebung des Rathauses in der Altstadt zur Debatte.

Bei allen Standorten wurde versucht, einen mehr oder weniger engen Bezug zu historischen Orten der jüdischen Geschichte Kölns herzustellen. Besonders eindeutig tritt dieser Kontext rund um den heute sogenannten Rathausplatz hervor, da das Haus und Museum der Jüdischen Kultur innerhalb der dortigen Archäologischen Zone direkt mit den Überresten des mittelalterlichen Kölner Judenviertels verbunden werden könnte. Ein Neubau auf dieser Freifläche würde zudem die historische Situation wiederherstellen, der Portalsgasse und dem eigentlichen Rathausplatz vor der Rathauslaube wieder eine städtebauliche Fassung geben. Für diese Realisierung sind die Einhaltung von Sichtachsen auf das neue Wallraff-Richartz-Museum, der Traufhöhe des Spanischen Baus und einer Freifläche an der Südseite vorgegeben.

Des Weiteren wurden Umnutzungsmöglichkeiten im Spanischen Bau und im Haus Neuerburg besprochen. Ebenfalls im Umfeld des Platzes könnte auf städtischen Grundstücken neu gebaut werden. Eine direkte Einstiegsmöglichkeit in die Archäologische Zone oder die Herstellung von Sichtbezügen innerhalb des Museums wäre damit allerdings nicht oder nur schwer realisierbar. Die siebte Möglichkeit eines Neubaus am Offenbachplatz wurde relativ schnell verworfen. Man müsste nicht nur in das dortige Platzgefüge eingreifen, sondern auch die historische Legitimation des Ortes, die sich auf den ehemaligen Standort der im 19. Jahrhundert errichteten Synagoge an der Glockengasse bezieht, könnte mit der Thematisierung des langen Zeitraums jüdischer Geschichte in Köln am Rathaus nicht konkurrieren.

Die Diskussion zwischen den anwesenden Experten kam zu dem vorläufigen Ergebnis, dass für den Standort Rathausplatz ein Wettbewerb ausgelobt werden solle, um an dieser Stelle ein Gebäude zu errichten, welches synergetisch die Archäologische Zone und einen Neubau des Hauses und Museums der Jüdischen Kultur verbindet. Die städtebaulichen Bedingungen einer Inszenierung dieses authentischen Ortes sollen nun anhand ihrer kulturphilosophischen und kulturhistorischen Hintergründe in einem weiteren Hearing des Kulturdezernats im Herbst 2002 erarbeitet werden. Für die Entwicklung eines Masterplans wurde – nach der noch ausstehenden Bewilligung durch die politischen Gremien – der Zeitraum von einem Jahr veranschlagt. Unsicher bleibt vor allem die gesamte Finanzierung des Projekts, die durch Meldungen zu Jahresbeginn 2002, dass das Land Nordrhein-Westfalen eine finanziellen Unterstützung nicht vorsehe, zusätzlich gefährdet wurde. Die Stadt Köln schließt eine finanzielle Beteiligung aus, die Mittel sollen durch den Förderverein bereitgestellt werden.

koelnarchitektur.de wird in den kommenden Monaten weiter über die Projektentwicklung, das kommende Expertenhearing und die Gestaltung von Masterplan und Architekturwettbewerb berichten.

Simone Mergen

4 Kommentare

Ein Jüdisches Museum in Köln? JA! Dieses Museum vor dem Rathaus? NEIN! Die Wiederherstellung der historischen Situation ist überhaupt kein Grund. Wir leben in Köln mit einer Fülle von negativen (und häßlichen) Effekten der Kriegszerstörungen. Dann sollten wir zumindest einen der ganz wenigen positiven Effekte dieser Zerstörungen erhalten: Nämlich die Entstehung eines größeren Platzes im Zentrum, eine gewisse Relativierung der kleinstädtischen Struktur an einigen ausgewählten Stellen, die einer Millionenstadt gut ansteht. Eine so große Stadt wie Köln braucht dringend Plätze, denn diese schaffen erst eine erlebbare Urbanität, wie sich anschaulich in vielen europäischen Metropolen zeigt. Schauen Sie nach Stuttgart oder München, von Barcelona ganz zu schweigen. Von der Bevölkerung angenommenen Plätze machen das Leben lebenswert und urban. Schauen Sie sich die Rathäuser von Berlin, München, Hamburg, Hannover und, und, und einmal an! Selbst in Paderborn oder Osnabrück gibt es repräsentative und große Plätze vor den Rathäusern.

Eine Stadt wächst und entwickelt sich und das Argument mit der Wiederherstellung eines historischen Zustandes ist gerade der Beweis für das Fehlen jedes historischen Verständnisses. Mit dem gleichen Argument könnte auch gleich der Roncalli-Platz wieder zugebaut werden, nur um einen historischen Zustand wieder herzustellen. Hier wird – und auch durch die Fördergesellschaft – eine Pseudo-idylle konstruiert, die völlig verfehlt ist. Die Argumente der Fördergesellschaft sind überhaupt nicht relevant – sie ist Partei und argumentiert aus ihrer Sicht heraus; aus der Sicht eines Museums und nicht aus der Sicht einer Stadtentwicklung. Und in deren Rahmen gibt es genug gute Plätze, Baulücken, minderwertige Bauten, etc., die in Köln einer Stadterneuerung harren und durch so ein Museum erheblich aufgewertet würden – zum Teil ganz in der Nähe des Rathauses.

Die freigebombte Fläche vor dem Rathaus ist von Unter Goldschmied, Portalsgasse, Judengasse und Obenmarspforten begrenzt. Diese Fläche mit starkem Gefälle ist kein schöner Ort. Sie dient der umgebenden Bebauung nicht und verunklärt die räumliche Situation der anschließenden Plätze, die durch weitere Raumkanten ebenfalls von der Bebauung der Freifläche profitierten.

Durch eine Bebauung über der Mikwe, den Fundamenten der Synagoge und anderer baulicher Reste ist der Ort der jüdischen Kultur besser dargestellt und wird der Rathausplatz gefasst, dessen große Qualität gegenwärtig nicht erfahrbar ist. Der Ort der jüdischen Kultur ist bereits heute in der Mikwe zu besichtigen. Deren Zugänglichkeit durch das Haus und Museum der jüdischen Kultur in Nordrhein-Westfalen Zusammenhänge gut verdeutlichen könnte.

Die unsensible Simulation der Kubatur zeigt die wichtigsten Perspektiven nicht, weil das Computerprogramm nicht so gut Renaissance kann. Das ist sehr bedauerlich.

Martin Vollberg, Architekt
Meckenheimer Allee 117
53115 Bonn

Die Simulation zeigt einen hässlichen Beton-Klotz, der in 10 Jahren aussieht wie die Philosophische Fakultät!

Muss man die Leute unbedingt mit so einem Betonklotz vor den Kopf stossen? Es gibt schon nicht genug freie Plaetze. Sicherlich ist Trauer und Nachdenken angebracht, aber nicht in dem man die Unbelehrbaren gleich wieder auf die Palme bringt und Grund zur Abneigung gibt, oder? Ist so ein abschreckender Bau wirklich der einzige Weg, auf die Geschichte des NS-Terrors hin zu weisen und Toleranz zu erzwingen? Um den Leuten die Geschichte naeher zu bringen, waere es besser, einen einladenen Ort zu finden, um die Leute zum Nachdenken und Lernen einzuladen. Ich kenne Köln kaum und wusste nicht, dass dort eine Mikwe zu besichtigen ist. Mikwen sind ein wertvoller Bestandteil der deutschen Geschichte, worueber die Oeffentlichkeit kaum etwas weiss. Das faengt schon beim Grundwissen ueber die Glaubensvielfalt in der deutschen Geschichte an.