Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Kölns neue Kirche

Mit unserem letzten Beitrag 2013 möchten wir unser Weihnachtsrätsel auflösen und uns gleichzeitig bis zum
8. Januar 2014 in die Winterpause verabschieden.

Immanuel-Kirche und Gemeinedezentrum

Ja, wo gibt’s denn so was? Allenthalben hört und liest man, wenn es um Kirchen geht, von Leerstand, Umwidmung und Abriss. Gotteshäuser werden zu Museen oder Konzertsälen umgenutzt oder – gänzlich profanisiert – in Sporthallen oder Wohnhäuser verwandelt. Und in so einer Zeit baut man in Stammheim, am äußersten Rand von Köln eine neue, architektonisch sehr anspruchsvolle Kirche? Ja, obendrein eine evangelische. Und das im erzkatholischen Köln.

Mit der S6 fährt man vom Hauptbahnhof Köln eine Viertelstunde bis Stammheim. Es schaut sehr ländlich aus. Mit der Buslinie 155 kommt man von dort zur neuen Kirche im Ortszentrum. Ringsum nicht immer stilsicher, aber doch liebevoll individualisierte Reihenhauszeilen und niedrige Wohnblöcke. Das Nachbardörfchen Flittard war bis 2004 eine eigenständige Kirchengemeinde – mit einer arg in die Jahre gekommenen Kirche von 1959. Die Gemeinden Flittard und Stammheim wurden zusammengelegt, und statt die neue Kirche zwischen beide Orte auf die grüne Wiese zu setzen, entschied man sich für das mitten in Stammheim gelegene Grundstück des Bonhoeffer-Gemeindezentrums (Baujahr 1969). Mit dem Verkauf der Immobilie „Lukas-Kirche“, Spendengeldern (beachtliche 320.000 Euro) und einem Zuschuss vom Kirchenverband konnte jetzt der Stammheimer Neubau in Angriff genommen werden.

Das Budget war mit 3,7 Millionen Euro keineswegs üppig. Und doch wurde ein beschränkter Wettbewerb unter sechs geladenen Architekturbüros ausgelobt. Das Berliner Büro Sauerbruch Hutton gewann den Wettbewerb mit einem Entwurf, der das Halbrund des Angers nicht durchbricht. Die Materialwahl Holz gibt deutlich zu erkennen, dass man beim Bau mit wenig Geld auskommen musste. Und doch ist dabei keine ärmliche Kirche entstanden. Holz, wohin man schaut, weiß gebeizt, schmucklos – aber als Vorbereitung der Sinne auf die in ihrer Farbigkeit eher gedämpfte Stirnwand außerordentlich wirkungsvoll. Hinter dieser Stirnwand ist die Orgel verborgen. Die beeindruckende Kraft der Architektur liegt in ihrer Einfachheit und fast puritanischen Strenge aller Details.

Der Text erschien zuerst im eMagazin von >>german-architects.com

 

Wilfried Dechau

Wilfried Dechau war ein halbes Leben lang Chefredakteur der db deutsche bauzeitung. Seit 2004 ist er nur noch als Fotograf tätig und macht Baustellen-Foto-Bücher.

 

Der Freiplatz vor der Kirche wirkt wie ein Dorfanger, er ist gegenüber der Bonhoefferstraße leicht angehoben und hufeisenförmig von alten Bäumen umstanden.

Foto: Margot Gottschling

Turm

Glockenturm und Zugang zur Immanuel-Kirche an der Bonhoeffer-Straße.

Foto: Uta Winterhager

außen

In einem zweiten Bauabschnitt 2014 wird das Ensemble zwischen Kirche und Gebetskapelle an der hinteren Grundstücksgrenze um ein offenes Kolumbarium ergänzt werden.

Foto: Wilfried Dechau

Erdgeschossgrundriss

Grafik: Sauerbruch Hutton

Der Gottesdienstraum hat zusammen mit der Empore Platz für 206 Personen, er kann bei Bedarf sowohl zum Foyer als auch zu den flankierenden, niedrigeren Seitenflügeln hin erweitert werden. Altar, Kanzel und Taufbecken wurden aus dem Bonhoeffer-Haus übernommen.

Foto: Wilfried Dechau

Vorwiegend erdfarben lackierte, auf Lücke montierte Holzstäbe bilden einen »Vorhang«, der sich, wenn der Organist zu spielen beginnt, zum raumhohen »Lautsprecher« wandelt.

Foto: Wilfried Dechau

Die Empore. Holz, wohin man schaut. Weiß gebeizt, schmucklos – aber als Vorbereitung der Sinne auf die in ihrer Farbigkeit eher gedämpfte Stirnwand außerordentlich wirkungsvoll.

Foto: Wilfried Dechau

Über die gesamte Breite des Mittelschiffs öffnet das Himmelsfenster das Dach der Kirche. Dass die Farben der bunten Altarrückwand nach oben verblassen, simuliert den Einfall des Lichts auch wenn draußen kein Tageslicht mehr herrscht.

Foto: Uta Winterhager

Innenraum Oben

Die Immanuel-Kirche in Stammheim, entworfen vom Berliner Büro

Sauerbruch Hutton.

Foto: Wilfried Dechau