Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Der Dom von Ehrenfeld

Immer wieder gelingt es der Bürgerinitiative Helios viele Leute in ihre Veranstaltungen zu locken. Auch zur Präsentation der Zwischenergebnisse ihrer Arbeit – und zur Sammlung neue…

„Ich kann nicht verstehen, dass die Stadt Köln dieses Gelände einfach so verkauft hat. Das wäre so, als wenn die katholische Kirche den Dom verkaufen würde.“ Diese Aussage eines Ehrenfelder Bürgers mag übertrieben sein, steht aber exemplarisch für die Sorge um das Heliosgelände. Nur so ist es zu erklären, dass die „Bürgerinitiative Helios“ zu einem Zwischenbericht über ihre Aktivitäten zahlreiche Menschen in die ungeheizte Halle des Design Quartier Ehrenfeld locken konnte.

Modell der Shopping Mall

Empfangen werden die Besucher von einem Werbevideo der Kalker Köln Arcaden auf der Leinwand – die Mitglieder der Bürgerinitiative fürchten, dass der Investor diesem Beispiel auf dem Heliosgelände folgt. Deshalb haben sie in verschiedenen Untergruppen alternative Ideen für das Gelände entwickelt, die sie nun in der ehemaligen Fabrikhalle präsentieren. Besonderen Anklang findet das von der Stadtentwicklungsgruppe gebaute Modell. Dort eingesetzt ist eine Studie des Investors für die Shopping Mall, die der Stadtentwicklungsgruppe zugespielt wurde, wie die Sprecherin der Gruppe, Almut Skriver, erläutert. Einen eigenen Entwurf will die Stadtentwicklungsgruppe nicht vorlegen, denn die vertiefte Bürgerbeteiligung soll schließlich in einen Wettbewerb münden. Was jetzt erarbeitet wird, kann aber die Grundlage für den Wettbewerb werden. Erste Ideen wurden dabei schon gesammelt: Wege mit viel freier Fläche sollen über das Gelände führen, die Bestandsbauten sollen erhalten werden, der Ehrenfeldgürtel soll als Boulevard eingerichtet werden und , eine „Kulturmeile“ an der Heliosstraße soll hier das schon vorhandene Angebot ergänzen.

Kultur und Subkultur

Das ist besonders das Ziel der Gruppe Kultur und Bildung, die festgestellt hat, dass in Ehrenfeld zwar viele freie Kultureinrichtungen gibt, aber ein Mangel an offizieller Kultur besteht. Zunächst sollen Ideen gesammelt werden, welche Institutionen auf das Gelände ziehen könnten, die Finanzierbarkeit soll dabei nachrangig behandelt werden. Für den Investor könnten nach Meinung der Bürgerinitiative auch Kultureinrichtungen interessant sein, da sie genauso Miete zahlen, wie andere. Aber auch für die Clubkultur will sich die Bürgerinitiative einsetzen, so ist es das Ziel, das „Underground“ an seinem Standort zu erhalten.

Wider die Potenzialanalyse

Nach dem Willen des Investors soll auf dem Gelände aber weniger Kultur als vielmehr Einzelhandel stattfinden. Dieser Vorstellung widmet sich die Netzwerk- und Einzelhandelsgruppe – sie möchte möglichst viele Ehrenfelder Einzelhändler für die Bürgerinitiative gewinnen. Der Versuch, die Interessengemeinschaft Venloer Straße zur Herausgabe einer Presseerklärung zu bringen, hat bis jetzt noch nicht zum Erfolg geführt. Und so sind die nächsten Ziele eine gemeinsame Presseerklärung, eine Anzeige oder ein Plakat, das in möglichst vielen Geschäften in Ehrenfeld hängt und die Bildung einer Standortgemeinschaft nach dem Vorbild von Kalk. Außerdem arbeitet die Gruppe an der Widerlegung der von der Stadt Köln in Auftrag gegebenen Potenzialanalyse.

Bürgerbeteiligung bedeutet Kompromiss

Besonders für die Netzwerk- und Einzelhandelsgruppe, aber auch für die gesamte Arbeit der Bürgerinitiative werden noch Leute gesucht, die ihre Ideen einbringen und mithelfen, die vertiefte Bürgerbeteiligung vorzubereiten. Für das Heliosgelände wurde die höchste Form der Bürgerbeteiligung erreicht, wobei das genaue Verfahren noch festgelegt wird. Bislang konnten sich verschiedene Büros mit ihrem Vorschlag für ein Moderationsverfahren bewerben, das im Sommer beginnen soll. In jedem Fall teilnehmen werden der Investor und die Verwaltung, nur in welcher Form die Bürger beteiligt werden – ob jeder an den Veranstaltungen teilnehmen kann, oder nur Vertreter der Bürger – wird sich noch entscheiden. Ein Bürgerbeteiligungsverfahren bedeutet aber auch, dass ein Kompromiss gefunden werden muss, keiner der Beteiligten wird seine Idealvorstellung durchsetzen können. Und sollten sich viele Bürger zu Wort melden, die vielleicht ein Einkaufszentrum an dieser Stelle haben möchten, dann könnte sogar dies das Ergebnis sein.

Vera Lisakowski

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Auf dem Heliosgelände in Ehrenfeld soll ein Einkaufszentrum entstehen. Gegen diese Investorenpläne wehrt sich eine Bürgerinitiative.

Weiterführende Links:

Bürgerinitiative Helios

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Zuhörer mit Winterjacken und Decken im Design Quartier Ehrenfeld.

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Das Modell des Heliosgeländes.

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Modell nach der Studie des Investors zum Einkaufszentrum.

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Viel Weißräume an den Stellwänden: Hier sollen die Besucher ihre Ideen notieren.

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Die Ideen der Stadtentwicklungsgruppe.

3 Kommentare

Und wieder ist Kommerz wichtiger als Kultur. Das Heliosgelände muss bleiben – und zwar so, wie es ist.
Schlimm genug, dass Ende März schon die Papierfabrik und der Sensorclub weichen müssen, das Underground darf es auf keinen Fall.
Also: Kämpfen wir für ein lebenswertes Ehrenfeld!!

„Aber auch für die Clubkultur will sich die Bürgerinitiative einsetzen, so ist es das Ziel, das „Underground“ an seinem Standort zu erhalten.“

Das muss bleiben!

Wann fangen die Bürger Ehrenfelds an, zu verstehen, daß das Helios-Gelände eine unansehnliche, untergenutzte Brache ist und glücklicherweise entwickelt werden soll. Wie, das muss sicher diskutiert werden! Tante-Emma-Romantik und Gartenbaukonzepte auf Steuerzahlerkosten (DQE) sind dazu sicherlich wenig dienlich.