Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Restriktion oder Angebot?

Das monatliche BDA-Montagsgespräch thematisierte die Fragestellung ‚MesseCity Köln: Vorbild – oder nur Lehrstück für städtebauliche Verfahren in Köln?‘

Das BDA-Montagsgespräch am 22. Oktober im Domforum wartete mit einem weit gefächerten Teilnehmerfeld auf. Im Fokus der Betrachtung stand das bereits mehrfach thematisierte städtische Entwicklungsgebiet der so genannten „MesseCity Köln“ zwischen Bahnhof Köln Messe/Deutz und dem südlichen Messeeingang.

Und so waren neben dem moderierenden Kölner BDA-Architekten Andreas Fritzen der Dezernent für Stadtentwicklung, Planen und Bauen der Stadt Köln Bernd Streitberger, der Dezernent für Wirtschaft und Liegenschaften Dr. Norbert Walter-Borjans sowie je ein verantwortlicher Architekt der an den bisherigen Planungen beteiligten Büros anwesend: Peter Berner (Architekt BDA, Astoc Architecs + Planners, Köln), Olaf Drehsen (Architekt BDA, Jaspert Steffens Watrin Drehsen Architekten, Köln) und Prof. Klaus Trojan (Architekt BDA, Trojan Trojan Wendt Architekten + Städtebauer, Darmstadt).

Verfahren über Verfahren

Der bisherige Verlauf der Planungen und deren Einbindung in die jeweiligen Verfahren sind geprägt von allerlei Missverständnissen. Bereits im Jahr 2000 gab es zum fraglichen Areal einen Wettbewerb für einen städtebaulichen Rahmenplan auf den zwei Workshopverfahren folgten. Das wohl schwerwiegenste Problem der Vergangenheit benannte Bernd Streitberger am Montagabend in aller Deutlichkeit: Das Ziel der unterschiedlichen Verfahren war am Anfang der Planungen nicht genau formuliert. Sollte ein städtebaulicher Rahmenplan entstehen, war ein städtebaulicher Ideenwettbewerb das Ziel oder ging es gar um einen architektonischen Realisierungswettbewerb?

Aus dem ersten Wettbewerb gingen die Büros der drei Diskussionsteilnehmer als Sieger mit jeweils einer klaren individuellen städtebaulichen Antwort auf die örtliche Situation im Kölner Osten hervor. In den nun folgenden Werkstattverfahren wurde unter reger öffentlicher Beteiligung weiter an den Entwürfen gefeilt. Das Ergebnis jedoch ließ die öffentliche Meinung und die beteiligten Büros aufschreien. Im Baudezernat war eine Konzeption entstanden, die laut Bernd Streitberger die Stärken der drei Entwürfe zusammenführt. Zur Veranschaulichung seiner, und das betonte Streitberger stets, städtebaulichen und nicht architektonischen Leitidee wurde diese Konzeption von Lengyel Toulouse Architekten, einem auf Visualisierung spezialisierten Büro, in mehreren Renderings dargestellt.

Das Bild als Gefahr

Hier wiesen sowohl Klaus Trojan und Olaf Drehsen als auch Norbert Walter-Borjans darauf hin, dass diese Form der Konkretisierung für die Vorstellung, vor allem für architektonische Laien, eine große Gefahr birgt: Das Präsentieren von Bildern mit konkreten Architekturen lässt den Betrachter nahezu automatisch auch an solche konkreten und realen Bauwerke denken. Die Möglichkeit der Abstraktion wird durch diese Konkretisierung genommen. So betonte der Baudezernent, dass ihm hier der Weg vom Abstrakten, den drei Entwürfen, zum Konkreten, dem Stand der momentanen Planung, wieder hin zum Abstrakten, nämlich einer städtebaulichen Leitplanung vorschwebe. Er möchte auf dieser Basis nun einen Investor für das gesamte Areal finden, dem zur Auflage gemacht wird, dass für die einzelnen Blöcke im Gebiet individuelle Realisierungswettbewerbe ausgeschrieben werden sollen. Auf keinen Fall solle der Stadt noch einmal ähnliches widerfahren, wie auf der gegenüberliegenden Seite der Opladener Straße, wo das renommierte Hamburger Büro von Gerkan, Marg und Partner den städtebaulichen Ideenwettbewerb für das Areal der neuen Lufthansa Hauptverwaltung gewannen, der Investor letztendlich aber seinen eigenen Architekten die Ausführung überließ und die Stadt gegen die entstehende Einheitsarchitektur von der Stange keine Handhabe mehr hatte.

Verfahren gut – Ergebnis unklar

Alle drei Architekten lobten zwar das Verfahren als außerordentlich befruchtend, lehrreich und impulsgebend, zeigten sich vom aktuellen Zwischenergebnis aber enttäuscht bis entsetzt. So gab der Darmstädter Klaus Trojan zu bedenken, dass jeder der drei vorangegangen Entwürfe für eine stärkere und klarer definierte städtebauliche Leitidee stand, als die Konzeption aus dem Dezernat für Stadtentwicklung, Planen und Bauen es nun vorsähe. Auch Peter Berner und Olaf Drehsen schlossen sich diesem Tenor an und ergänzten, dass die vom Dezernenten für Wirtschaft und Liegenschaften Walter-Borjans geforderte „städtische Adresse“ an diesem Ort sehr wohl schon durch den Städtebau und nicht erst durch die Ausformulierung Hochbauten entstehen könne. Gerade Walter-Borjans betonte, dass man an dieser Stelle das gelungene Vorgehen des Rheinauhafens wiederholen müsse, um weitere namhafte Unternehmen nach Köln zu locken oder diese weiterhin am Standort zu binden.

Die potentielle Bedeutung der Architektur für die Stadt, als wirtschaftliches Interessengemenge wie auch als stadträumliches Gefüge scheint also erkannt zu sein. Der Weg, wie man die Architektur zum Zugpferd des städtischen Fortschritts machen kann ist jedoch offenkundig unklar.

So bleibt zu hoffen, dass Peter Berner mit seiner fachmännischen Einschätzung Recht behalten möge, in der er festhielt, dass auch eine solche Planung, wie sie Bernd Streitberger nun vorlegte den Planern noch wirklich viele Freiheiten lasse. Abhängig ist dies allerdings davon, ob selbige Planung eine restriktive Vorgabe oder ein grundlegendes Angebot an die Architekten darstelle. Man darf auch weiterhin gespannt bleiben.

David Kasparek

blick von oben

Stand der Planung:

Blick vom LVR-Turm. Im Vordergrund links der Platzhalter für das neue Musical

Visualisierung: Lengyel Toulouse Architekten

Gleisfeld

Blick vom Parkhaus des Stadthauses:

Nicht um die architektonische Aussage geht es, sondern um die städtebauliche.

Visualisierung: Lengyel Toulouse Architekten

Blick zur Messe

Potential für Mißverständnisse:

Die sehr konkrete Darstellung der Architekturen, die als solche noch gar nicht gedacht sind, kann beim architektonischen Laien schnell falsch aufgefaßt werden.

Visualisierung: Lengyel Toulouse Architekten

5 Kommentare

Ich glaube die ver-antworlichen in der Kölner Stadtspitze wollen den interessierten Bürger für dumm verkaufen. In Deutz wird nach Vorgaben der Unesco gebaut. Das was dort ent-steht wird wahr-scheinlich immer ein fauler Kompromiss bleiben.

Der Baudezernent H. Streitberger währe für dieses Amt geeignet, wenn Köln bezüglich Neubauten die gleichen Ansprüche stellen würde wie z.B. Bielefeld, Kassel usw.. Mit anderen Worten, dieser Mann gehört wieder in die Provinz.

Also ich finde die Visualisierungen ziemlich gelungen! Wenn das so umgesetzt und gebaut würde wäre das doch prima. Auf jeden Fall ansehnlicher als die Entwürde der drei Architektenbüros.

Diese Streitbergersche Un-Architektur erinnert stark an die Entwurfsbeiträge des Wettbewerbs zu Abriss und Neubebauung der Kölner Nordsüdachse in den 30er Jahren unter den Nationalsozialisten. Dieser leidigen Idee verdankt Köln übrigens diesen Un-Platz Neumarkt. Nicht auszudenken, was Herrn Streitberger sonst noch alles vorschwebt in Anbetracht der rechtsrheinischen Visionen des Kölner Architekten und Speerschülers Clemens Klotz, der dafür u.a. halb Deutz abreißen wollte. Gott sei Dank kam letzterer in Köln nicht mehr zum Zuge und musste sich auf die Burg Vogelsang auf grünem Eifel-Hang beschränken. Fehlen nur noch die echten oder auch Retro-Brekers in Streitbergers Visionen. Die echte Un-Architektur der 30er läßt sich übrigens live in der Eifel (per Bahn und Bus) und rückblickend architekturhistorisch im Historischen Archiv der Stadt Köln betrachten. – J.A.R.

Die Visualisierungen zeigen eine -wenn überhaupt- modische, nichtssagende Trivialarchitektur, die einen durchgehenden städtebaulichen Leitgedanken vermissen läßt. Die Stärken der 3 Entwürfe zusammenzuführen heißt in diesem Fall investorengerechten Einheitsbrei zu kochen und ihn nicht mal hübsch aber aussagelos zu visualisieren. Kölle Alaaf.