Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Die Höhen fallen

Ein vom Rat der Stadt installiertes Werkstattverfahren bringt neue Ideen für das Umfeld des Deutzer Bahnhofs.

Die Planungen um das Areal des Deutzer Bahnhofs gehen in die dritte Runde. Nach dem ersten städtebaulichen Wettbewerb von 2000 und dem Workshop von Juni 2002 konnte das Büro JSWD Architekten (Jaspert, Steffens, Watrin und Drehsen) auch das dritte Verfahren für sich entscheiden.

Werkstattgespräch über drei Entwürfe

Es ist ein Spannungsfeld zwischen der Suche nach notwendigen neuen Perspektiven für die städtebauliche Entwicklung in Deutz und dem respektvollen Umgang mit den Blickbeziehungen auf die Kölner Kathedrale. Rund 50 Fachleute unterschiedlicher Berufsgruppen – Vertreter des Rates, der Verwaltung, Architekten, Bauwirtschaftler, Denkmalpfleger, Grundstückseigentümer und Anlieger – diskutieren über die Zukunft von Deutz.

Grundlage dafür bildeten drei Rahmenkonzepte die von drei renommierten Stadtplanungsbüros vor dem Hintergrund eines moderierten Werkstattgespräches entwickelt wurden. Teilnehmer am Werkstattverfahren waren die Planungsbüros JSWD aus Köln, astoc architects and planners – ebenfalls aus Köln – sowie das Büro Trojan & Trojan aus Darmstadt.

Dieses sogenannte Werkstattverfahren gleicht im Grunde einem Wettbewerb und war als siebenwöchige intensive Arbeitsphase angelegt, in der die beauftragten Planungsbüros jeweils Zwischenergebnisse präsentierten und Konkretisierungswünsche aus dem Fachgremium aufnahmen.

Das noch immer gültige Stadtentwicklungskonzept und der darauf beruhende rechtskräftige Bebauungsplan basiert auf den Ergebnissen der ersten beiden Verfahren aus den Jahren 2000 und 2002 und beinhaltet das geplante quadratische Bahnhofsdach und einen Kranz von insgesamt fünf Hochhäusern. Doch gerade diese um den Bahnhof gruppierten Hochhäuser wurden von der UNESCO als unvereinbar mit dem Status des Kölner Doms als Weltkulturerbe betrachtet.

Das dritte Verfahren soll nun zentrale Eckpunkte für ein neues Rahmenkonzept und die von der UNESCO und von den Hochhauskritikern gewünschte Änderung des Bebauungsplanes definieren. Im Juni 2006 wird die Welterbe-Kommission der UNESCO erneut über den Verbleib des Domes auf der roten Liste entscheiden.

JSWD, Köln: Urbane Stadtteilweiterentwicklung

Das Expertengremium favorisierte eindeutig den Entwurf von JSWD, deren Konzept die bestehende Deutzer Stadtstruktur aufnimmt und weiterentwickelt. Die Bebauung weist unterschiedliche Höhen auf: Gut 20 Meter hohe Blockstrukturen fassen das Areal im Norden und zur Bahntrasse hin. Zwei 60 Meter hohe Häuser akzentuieren den Zugang zur Messe und den Ottoplatz. „Der in Höhe und Lage stimmig angeordnete Hochpunkt ist der städtebauliche Akzent des Nordareals und zugleich als räumlicher Abschluss des bis zum Rhein reichenden Platzkontinuums zu sehen“, befindet die Dokumentation des Werkstattverfahrens.

Das Gebäude am Ottoplatz schafft einen klaren städtebaulichen Abschluss zum Bahndamm und stellt den Kontext zur bestehenden Umgebungsbebauung her. Darüber hinaus korrespondiert es sowohl mit der gegenüberliegende Bebauung der Constantinhöfe als auch mit dem zweiten hohen Gebäude, das den Messeeingang flankiert.

Ein erhöhter Messeplatz mit einer breiten Freitreppe bietet der Messe ein attraktives Entrée und bündelt sowohl die Wege- als auch die Blickbeziehungen. Mit einer Höhe von 6,50 Metern über dem unteren Platzniveau wird zugleich die Blickverbindung zum Rhein und zum Dom, aber auch nach Alt-Deutz sichergestellt.

Das Konzept und die eindeutig geführte Verbindung vom Bahnhof zur Messe überzeugte nicht nur die Vertreter der Messegesellschaft. Öffentliche Wege und Plätze sind aus dem bestehenden städtischen Raum heraus entwickelt, sie nehmen den menschlichem Maßstab auf. „Die einzelnen, durch Platzform und Erschließung vorgegebenen Baufelder sind in ihrer Körnung maßstäblich und ermöglichen in ihrem Kontext eine differenzierte Ausformung. Ein Nutzungsmix aus Büro, Kongress, Musical, Hotel, Casino, Gastronomie und – untergeordnet – Einzelhandel ist flexibel möglich“, wird es in der Dokumentation des Werkstattverfahrens beschrieben.

astoc architects and planners, Köln: MesseCity KölnDeutz

Der zweitplazierte Entwurf der Planungsgemeinschaft Astoc/KCAP (Köln/Rotterdam) sieht für das Areal um den Deutzer Bahnhof eine zehngeschossige Gebäudegruppe von einheitlichen 30 Metern vor. „Ein neuer eindeutiger zehngeschossiger Horizont bietet Orientierung und einen großstädtischen Maßstab für ein Quartier internationaler Ausrichtung“, steht in der Dokumentation des Werkstattverfahrens.

Ein langgestrecktes, leicht gekrümmtes Bebauungsband lässt zwischen Bahnlinie und Gebäuden einen schlanken Platz und in seiner westlichen Fortsetzung eine Platzaufweitung gegenüber des alten Deutzer Bahnhofs entstehen. Zwei annähernd gleich große Stadträume und vorhandener Baumbestand prägen den südlichen Raum, im nördlichen Bereich soll eine neue Messeallee angelegt werden. „Das Areal zwischen den Südteilen der KölnMesse und dem Bahnhof KölnDeutz / DeutzTief hat zwiespältige Qualitäten“, so die Dokumentation, denn durch die gleichförmige, einheitliche Bebauung wirkt das Gebäudeensemble beliebig, die einzelnen Schwerpunkte des Areals werden kaum akzentuiert. Es entsteht „ein Band, mehr oder weniger gleichwertiger Lagen“.

Städtebaulich ist der Entwurf nicht auf den Messeeingang hin ausgerichtet. Er durchbricht eines der Gebäude, ist integriert und so deutlich weniger im Stadtbild präsent als bei den Konkurrenzentwürfen.

Trojan & Trojan, Darmstadt: Überlagerung von Strukturen

Der drittplatzierte Entwurf formt prismatische ca. siebengeschossige Stadtbausteine auf konisch zugeschnittenen Baufeldern und lässt eine modulare, nach räumlichen Gesichtspunkten geprägte Baustruktur entstehen. Diese Grundstruktur ergibt sich aus der Überlagerung von Raum- und Ordnungsprinzipien der Messe und der Ausrichtung der Bahnanlagen, aber auch aus den Wegebeziehungen zu den angrenzenden Stadtgebieten. „Analog zu den linksrheinischen Bahnhofsplätzen (Vorplatz am Dom und Breslauer Platz) erhält der Ottoplatz mit dem neuen Messeplatz ein räumliches Pendant.“

Ähnlich wie im Entwurf von JSWD Architekten werden Lagehierarchien formuliert. Es gibt den städtebaulich geprägten, öffentlichen Raum, der die Beziehung zur Messe definiert und durch ein Hochhaus gefasst wird, das gleichzeitig den Messeeingang markiert.

Workshop-Ergebnis mit offenem Ausgang

Wie kann der Standort Deutz den hohen Anspruch eines lebendigen und vielfältigen Stadtquartiers erfüllen? Welche Potenziale existieren mit den vorhandenen Nutzungen und welche ergänzenden besonderen Nutzungsbausteine sind erforderlich, um am Standort „Urbanität“ entstehen zu lassen? Wie wird das zukünftige Messenentree aussehen? Wird es Hochpunkte geben, oder eine einheitliche Traufhöhe dominieren? Die Beantwortung dieser Fragen wird in den nächsten Wochen entscheiden welcher der drei städtebaulichen Entwürfe realisiert wird und ob tragfähige Lösungen für Deutz und damit auch stadtplanerische Leitlinien für die künftige Stadtgestalt gefunden werden.

Denn Planungsdezernet Bernd Streitberger betont, dass das eindeutige Abstimmungsergebnis der Fachjury nicht bindend sei. Im Juni werde er dem Stadtentwicklungsausschuss einen der drei Entwürfe als Grundlage für die künftige städtebauliche Entwicklung des Standortes und für nachfolgende Realisierungswettbewerbe empfehlen.

Die Durchführung des Werkstattgespräches zeugt durchaus von einer Planungskultur, die an vielen anderen Stellen im Stadtgebiet ebenfalls wünschenswert wäre. Wünschenswert wäre allerdings ebenso das Akzeptieren eines Meinungsbildes des vom Rat der Stadt Köln selbst installierten, hochkarätig besetzten Expertengremiums.

Barbara Schlei

Redaktion

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Kölner Spitzen

deutz jswd plan (Image/Foto)

Geführte Wegeverbindung vom Bahnhofvorplatz zum Messeeingang. Mit diesem Vorschlag konnte sich das Kölner Büro JSWD Architekten durchsetzten.

deutz jswd 1 (Image/Foto)

Aus den ca. 20 Meter hohen Blockstrukturen ragen zwei 60 Meter hohe Gebäude, die sowohl den Messeeingang, als auch den Ottoplatz akzentuieren.

Foto: JSWD – Architekten

deutz jswd 2 (Image/Foto)

Der westliche Teil des Entwurfes von JSWD – Architekten.

Foto: Stadtplanungsamt

deutz astoc plan (Image/Foto)

Planungsgemeinschaft Astoc / KCAP Köln / Rotterdam. Hier ist der Messeeingang integraler Bestandteil der Bebauung MesseCity KölnDeutz.

astoc

Die Planungsgemeinschaft Astoc / KCAP schlägt ein leicht gekrümmtes Gebäudeband mit einheitlicher Höhenentwicklung vor.

Foto: Stadtplanungsamt

deutz trojan (Image/Foto)

Aus der Überlagerung von Raum- und Ordnungsprinzipien gelangt das Architekturbüro Trojan & Trojan aus Darmstadt zu ihrem Entwurfskonzept.

Foto: Stadtplanungsamt

7 Kommentare

der jswd-entwurf gefällt mir sehr gut. wenn das so käme, könnte man der unesco dankbar sein, dass sie uns das hochhaus- einerlei von jahn & co. erspart hat.

ärgerlich nur:
-die schlappe berichterstattung in den medien der stadt, auch des hochverdienten KSTA (der kommentator meinte noch, dr beste entwurf wäre aber der astoc-entwurf!)
– das genauso schlappe votum der stadt gegenüber dem herausragenden jswd-entwurf.

danke für ihre berichterstattung!

Der Entwurf von Jahn & Co. gefiel mir besser und ist einer Millionen-Metropole wie Köln würdig. Die Stadt, die Architektur entwickelt sich und dies schon seit Jahrtausenden. Köln darf daher nicht den Metropolen, zumindest Europaweit, nicht hinterher hinken.

Welcher Entwurf von Jahn? Von dem stammte nur Cologne One, das Gesamtkonzept stammte auch von JSWD.
Der jetzige Entwurf von JSWD ist ganz o.k., allerdings war das Einlenken der Unesco gegenüber absolut peinlich. Der so schlimme LVR Turm hat eine öffentlich zugängliche Plattform und auch die Vermietungsquote ist sehr hoch, allen Horrormeldungen im Vorfeld zum Trotz.
Hoffentlich wird jetzt wenigstens pro Entwurf JSWD entschieden, ansonsten wird die neue Architekur in Deutz so langweilig wie z.b. die Constantinhöfe.

Ein Blck vom LVR Turm läßt meiner Meinung nach erkennen, daß das ursprüngliche Hochhausensemble ein aktraktiver städtebaulicher Akzent gewesen wäre, der den ICE-Bahnhof Deutz akzentuiert hätte. Die Neuplanung von JSWD bietet auch Spannung im positiven Sinn und sticht meiner Meinung nach hervor.

… wie die Architektur „ansonsten“ würde, ist schwer vorauszusagen, wie sie mit dem JSWD Entwurf wird, dann schon eher: die Constantinhöfe sind von JSWD.

Keines der Konzepte besticht durch Innovation oder Ästhetik, insbesondere das von JSWD.

Im übrigen, JSWD bekommt sowieso den Zuschlag(s. Constantinhöfe). Wir kennen doch unseren Kölschen Klüngel…

schade, mit Sicherheit nicht zielführend, dieses Areal ist auf dem besten Weg einen kleinstädtischen
Charakter zu bekommen, s. Constantinhöfe oder der „tolle“ Gebäuderiegel LH.