Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

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Legitimation von Hochhäusern im Stadtbild

Gleichwertig mit der Analyse visueller Auswirkungen von Hochhäusern auf Baudenkmäler und historische Ensembles ist die Frage nach der L…

Legitimation von Hochhäusern im Stadtbild

Gleichwertig mit der Analyse visueller Auswirkungen von Hochhäusern auf Baudenkmäler und historische Ensembles ist die Frage nach der Legitimation von Hochhausstandorten und -projekten sowie deren Präsenz im Stadtbild zu klären. Die Gestaltung und Standortwahl von Hochhäusern, belastet durch unbefriedigende Beiträge aus den 60-er und 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts, erfordert heute nachhaltige Konzepte und eine ausgeprägte Sensibilität im Umgang mit diesem Thema. Die überregionale Bedeutung von Orten und Funktionen, leistungsfähige Verkehrsanbindungen und Infrastrukturen sowie strategisch ausgezeichnete Positionen innerhalb des Stadtraums (Orientierungsfunktion) sind Standortkriterien für zeichenhafte, bauliche Überhöhungen und elementare Voraussetzungen für Hochhausplanungen im Stadtraum. Zudem ist neben der baulichen Verdichtung die qualitative Verbesserung eines städtebaulichen Umfelds heute eine wesentliche Voraussetzung für die Integration von Hochhausprojekten ins Stadtgefüge und ihre Legitimation, die Stadtsilhouette markant mitzuprägen.

Diese Bedingungen werden am Standort des ´ICE-Terminals´ in hohem Maße erfüllt. Daher stellt sich für das geplante Hochhausensemble im Rahmen einer Stadtbildverträglichkeitsuntersuchung neben der visuellen Verträglichkeit mit stadtbildprägenden und historischen Bauwerken auch die Frage nach der baulichen Prägnanz der Hochhausgruppe selbst, deren Wirkung zudem im Zusammenhang mit weiteren, aktuellen oder konzipierten Hochhausplanungen zu bewerten ist .

Umfang und Inhalt der Untersuchung

Die erwähnten planerischen Zielsetzungen und Ausgangslagen werden neben den Untersuchungskriterien der ´SVU´, den Bewertungen über die Wirkungen der Hochhausplanungen zugrunde gelegt. Im Zentrum der Analysen steht das Hochhausensemble am ´ICE-Terminal´, das als markanter Bestandteil dieses Umstrukturierungsprojekts eine zeichenhafte Wirkung entfalten soll und im direkten Umfeld durch das ´RZVK-Hochhaus´ ergänzt wird. Die Untersuchung folgt vorrangig den Fragestellungen, ob und in welchem Ausmaß das visuelle Wirkungsfeld der historischen Bauwerke und die Prägnanz des Kölner Doms im Erscheinungsbild der Stadt durch diese Gruppierung beeinträchtigt wird und wie die physische Distanz zwischen den neuen und bestehenden Objekten zu bewerten ist.

Um die Stadtbildverträglichkeit der gegenwärtig konkret geplanten Hochhausprojekte im gesamtstädtischen Zusammenhang zu überprüfen, werden die projektierten ´Kranhäuser / Rheinauhafen´ und das ´Doppel-Hochhaus / CFK-Gelände´ in die Untersuchungen miteinbezogen. Zudem werden die planerischen und konzeptionellen Vorgaben der Kölner Stadtplanung für mögliche Hochhausprojekte an den potenziellen Hochhausstandorten ´Mülheimer und Deutzer Hafen´ mit den beabsichtigten max. Dimensionen und Zuschnitten in schematischer Form in das 3D-Stadtmodell integriert und in die Untersuchungen und Bewertungen miteinbezogen.

Sichtbarkeit und Wirkung im Stadtraum

Die Gruppierung von Hochhausobjekte am ´ICE-Terminal´ und im direkten Umfeld, setzt einen neuen, deutlich erkennbaren Akzent in der Stadtsilhouette Kölns. Sie besitzt eine markante Orientierungsfunktion, die über die Stadtgrenze hinaus wirksam wird und einen neuen Faktor in der großräumigen Ordnung des Kölner Stadtgefüges darstellt. Aufgrund der zentralen Position des Doms im Stadtbild und der relativen Nähe des ´ICE-Terminals´ zum Dom können generell an Betrachtungsstandorten im Osten und Westen des Stadtraums Überlagerungseffekte durch geplante Hochhäuser mit dem Dom entstehen. Dies gilt sowohl für die Hochhäuser um den ´ICE-Terminal´ und das projektierte ´Doppelhochhaus am CFK-Gelände´, als auch für mögliche Hochhausprojekte an den potenziellen Hochhausstandorten ´Mülheimer und Deutzer Hafen´, hier jedoch für nord- und südwestliche Blickpositionen. Für die ´Kranhäuser am Rheinauhafen´ sind Überlagerungen mit der historischen Stadtsilhouette aus südlichen Betrachtungsperspektiven zu erwarten. Mit Ausnahme der Hochhäuser am ´CFK-Gelände´ befinden sich sämtliche Hochhausstandorte in Rheinnähe, teilweise mit direkten Wasserlagen in paralleler Anordnung zum Flusslauf, in unterschiedlicher Distanz und relativer Nähe zum Stadtzentrum. Ihre Präsenz im Stadtbild bleibt daher nicht auf Wirkungen im Hintergrund beschränkt. Sie markiert den Verlauf des Rheins in der Silhouette, was aus östlichen und westlichen Betrachtungsperspektiven am deutlichsten erkennbar wird. Um die verschiedenen Aspekte und die Gesamtwirkung der Planungen einzelner Hochhausstandorte im Stadtbild zu erfassen und zu bewerten werden vorwiegend Betrachtungsstandorte mit mittleren und großen Blickdistanzen zwischen ca. 3 und 14 km ausgewählt.

Fernwirkung

Das Sichtfeld ´Rasthof Frechen´ zeigt nahezu die gesamte Anzahl bestehender, projektierter und möglicher neuer Hochhausobjekte, und wie sie sich im Kölner Stadtbild darstellen. Aufgrund des erhöhten Standorts und des großen Sichtvorfelds ist trotz erheblicher Sichtminderungen deutlich zu erkennen, dass in dieser, frontal auf die geplanten Hochhausreihen entlang der Hafenbecken auf der rrh. Seite ausgerichteten Blicksituation, drei vertikale Verdichtungsschwerpunkte in der Stadtsilhouette entstehen. Diese kommen nahezu gleichwertig zur Wirkung und entfalten in Verbindung mit vertikalen Elementen im Vordergrund, auf der lrh. Seite (Köln Turm, Uni-Center), eine dominante Präsenz im Stadtbild. Die städtebauliche Idee, durch gezielt positionierte bauliche Höhenentwicklungen am ´ICE-Terminal´ ein gesamtstädtisch wirksames Zeichen zu setzen, wird damit deutlich entwertet. Zudem liegt der beabsichtigte Höhenhorizont an den ´Hafen- standorten´ im relativen Vergleich der baulichen Höhen derzeit um ca. 20 m über dem des ´ICE-Terminals´. Der Dom wird durch das ´DKV-Hochhaus´ im Vordergrund des Stadtraums zu großen Teilen verdeckt, während das Hochhausensemble selbst nur mit seinem nordwestlichen Element eine geringe Hinterschneidung mit dem Dom aufweist. Sie wird ist aufgrund der deutlichen Vignetierung des Doms durch das DKV-Hochhaus kaum wahrnehmbar und löst sich zudem mit der weiteren Annäherung an die Stadt auf.

Landschafts- und Freiräume

Stadtbildrelevante Blicksituationen aus nördlich und südlich gelegenen Stadträumen ergeben sich vorwiegend entlang des Rheins und zeigen, dass durch Hochhausplanungen auf der rrh. Seite keine Beeinträchtigungen des Wirkungsraums der historische Bauwerke auf der lrh. Stadtseite entstehen. Im Sichtfeld ´Rodenkirchener Brücke´ , der Perspektive aus dem südlichen Stadtraum, treten jedoch die ´Kranhäuser am Rheinauhafen´ auf der lrh. Seite deutlich in den Vordergrund. Sie machen sich vor allem an Blickpunkten nahe der lrh. Uferseite im Stadtbild nachdrücklich bemerkbar und bewirken dort mit ihren baulichen Höhen von je ca. 60 m auch visuelle Überlagerungen mit dem Dom. Trotzt der erhöhten Betrachtungsposition auf der Brücke überragen sie in dieser Perspektive deutlich die vorgelagerten Bögen der Südbrücke, und erreichen ca. die Firsthöhe des Kirchenschiffs des Doms im Hintergrund. Auf der rrh. Stadtseite verdecken die potenziellen Hochhausobjekte am ´Deutzer Hafen´ ca. die Hälfte der gesamten Aufrissfläche des Hochhausensembles am ´ICE-Terminal´ und lassen diese zudem aufgrund ihrer Höhenentwicklungen mit max. 120 m und ihrer Präsenz im Vordergrund des Stadtbilds

nicht zur Wirkung kommen.

Distanz zum Dom

Unter den zu untersuchenden Aspekten die mögliche Beeinträchtigungen des Wirkungsraums des Kölner Doms betreffen, ist vor allem die relative Nähe zwischen der geplanten Hochhausgruppierung am ´ICE-Terminal´ und dem Dom ein zentraler Punkt. Aufschluss darüber geben Betrachtungssituationen, die senkrecht zu dieser Beziehungsachse im Süden und Norden des Stadtraums liegen. Der nach Süden gerichtete Blick des Sichtfelds ´Zoobrücke´ erfasst dieses Thema am anschaulichsten. Hier wird die städtebauliche Konzeption, ein bipolares Stadtbild zu entwickeln, das aus zwei stadtbildprägenden Zentren besteht, die sich im

Stadtraum gegenüber liegen, über den Rhein hinweg physisch verbunden sind (Brücke, Bahntrasse) und zudem aufgrund ihrer markanten baulichen Ausprägungen in ein gestalterisches Spannungsverhältnis treten, besonders deutlich. Eine wirkungsvolle Distanz zum Dom bleibt hier selbst durch das in kürzester Entfernung zum Dom positionierte Element, das RZVK-Hochhaus, erkennbar gewahrt, und ebenso dadurch, dass sich der bauliche Schwerpunkt der neuen vertikalen Formation um den ´ICE- Terminal´ nicht unmittelbar an der Uferlinie, sondern abseits des Flusslaufes erhebt. Die Gesamtkomposition des Ensembles, bestehend aus einzelnen Elementen mit unterschiedlichen Proportionen ergibt ein differenziertes und kompaktes Erscheinungsbild, das eine stadtbildprägende Wirkung der baulichen Konzentration auf der rrh. Seite bewirkt. Weitere Hochhausplanungen treten in diesem Sichtfeld nicht in Erscheinung.

Plätze und Aussichtspunkte

Aus dem lrh. Stadtraum ist die Sichtbarkeit von Hochhäusern auf der rrh. Stadtseite vorwiegend an Orten mit Aussichtsqualität, wie den Plätzen und Freiräumen nahe des Rheinufers und von erhöhten Betrachtungspositionen in Gebäuden, gegeben. Mit den Betrachtungsstandorten ´Dom /Aussichtsplattform´ und ´Heinrich-Böll-Platz´ werden solche Blicksituationen stellvertretend untersucht. Die Übersicht vom Südturm des Doms über den Entwicklungsbereich lässt den konkreten und thematischen Zusammenhang des geplanten städtebaulichen Eingriffs erkennen. Die baulichen Konzentrationen um den neuen ´ICE-Terminal´ werden hier im Kontext der bereits vorhandenen Entwicklungsbausteine ´Stadthaus, Kölnarena und Messe´ wahrgenommen. Sie ergänzen die spezifischen baulichen Dimensionen rrh. Stadtgebiete und setzen Merkzeichen mit Orientierungsqualität in diesem bislang wenig markant profilierten und akzentuierten Siedlungsraum. Mehrere Hochhausobjekte erscheinen hier in linearer Anordnung und Überlagerung (HH / RZVK – HH / Teminal Südost – HH / CFK) als Verdichtung in der Tiefenstaffelung des Stadraums. Hingegen machen die deutlichen Abstände zwischen den nördlich und südlich der Bahntrasse positionierten Hochhäusern zwar die Trassenführung in der Silhouette nachvollziehbar, schwächen jedoch den Eindruck des physischen Zusammenhalts und des kompakten Erscheinungsbilds der Formation. Das RZVK-Hochhaus erscheint hier im Vordergrund als Teil der Gesamtkomposition mit ausreichender Distanz zum Rheinufer.

An Blickpositionen aus der Ebene des Stadtraums wie dem ´Heinrich-Böll-Platz´ sind die Hochhäuser im Umfeld des ´ICE-Terminals´ nur mit Teilen ihrer Aufrissflächen sichtbar. Sie werden in den unteren Zonen durch das städtebauliche Umfeld verdeckt und wirken dadurch im Hintergrund des Stadtraums, in mittelbarer Distanz zum Rheinufer. Auch in diesen Perspektiven sind deutliche Abstände der einzelnen Hochhäuser zu erkennen, die nicht den erwarteten Ausdruck einer kompakten, dem zentralen Ort entsprechenden Formation bewirken, sondern den der Anordnung von Einzelelementen. Sie bilden dennoch ein deutliches Gegenüber auf der rrh. Stadtseite aus und verweisen mit ihrer Zeichenhaftigkeit auf den lokalen urbanen Kontext mit seinen spezifischen Funktionen und einer zentralen Bedeutung im Stadtraum.

weitere Ausschnitte aus der Stadtbildverträglichkeitsstudie:

Anlass und Ziele

Hochhausstandorte und Eckdaten



Aufbau und Vorgehensweise



Sichtfeldanalysen



Betrachtungsstandorte



Zusammenfassung und Empfehlungen

svu 3 frechen

K-01

Rasthof Frechen

3D Konstruktion

svu 3 bensberg

K-02

Schloß Bensberg

3D Konstruktion

svu 3 merheim

K-03

Merheim

3D Konstruktion

svu 3 gremberg

K-04

Gremberg

3D Konstruktion

svu 3 rodenkirchen

K-05

Rodenkirchener Brücke

3D Konstruktion

svu 3 zoo

K-06

Zoobrücke / Westufer

3D Konstruktion

svu 3 turm

K-07

Dom / Süd-Turm

3D Konstruktion

svu 3 böll

K-08

Heinrich Böll Platz

3D Konstruktion

3D Konstruktionen:

peter eisenlauer, architekt / münchen

maier+neuberger, architekten / münchen

1 Kommentar

Die geplanten Kranhäuser sind an Scheußlichkeit kaum zu überbieten. Was das Stadtbild angeht, schaffen es heutige Architekten usammen mit den altbekannten ‚Investoren‘, die Zerstörungen des 2. Weltkrieges noch zu
übertreffen. Mich würde neben den Baukosten auch interessieren, was der anschließende Abriss dieser Bauten kosten wird, wenn die Menschen wieder bei Sinnen sind und nicht nur Kinder merken, das dieser Kaiser keine schönen Kleider anhat. Vielleicht gibt es ja noch Hoffnung. Bis dahin wird es mir schwerfallen. meinen Gästen ‚meine‘ Stadt Köln zu zeigen.